Jan Seghers: Die Sterntaler-Verschwörung – Kriminalroman

Kommissar Robert Marthaler deckt einen politischen Komplott auf

von Gérard Otremba

Es war eine denkwürdige, verstörende und undurchsichtige hessische Landtagswahl im Januar 2008. Nach jahrelanger, von Lügen, ausländerfeindlichen Parolen und schwarzen Koffern dominierter CDU-Herrschaft unter Ministerpräsident Roland Koch, verlor dessen Partei satte 12 %. Eine Regierungsbildung mit Koalitionspartner FDP war nicht mehr möglich, SPD und Grüne erhielten ebenfalls keine eigene Mehrheit. Der Vorstoß von SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti, sich mit Hilfe der Stimmen der anschließend nicht an der Regierung beteiligten Links-Partei zur Ministerpräsidentin küren zu lassen, scheiterte völlig überraschend einen Tag vor der Ministerpräsidentenwahl, nachdem ihr nicht nur SPD-Fraktions-Kollegin Dagmar Metzger, die bereits im Vorfeld eine Zustimmung öffentlich verweigerte, auf deren Stimme Ypsilanti aber noch verzichten hätte können, sondern auch drei weitere Parteimitglieder die Gefolgschaft auf einer extra anberaumten Pressekonferenz versagten.

Damit war die letzte Chance einer Regierungsbildung vertan, Neuwahlen im Januar 2009 nötig. In diesem historischen Kontext spielt der Plot des neuen Jan Seghers-Roman, Die Sterntaler-Verschwörung. Der Frankfurter Autor, Essayist und Publizist, auch unter seinem bürgerlichen Namen Matthias Altenburg bekannt, nimmt die plötzliche Wendung im Polit-Drama um Andrea Ypsilanti zum Anlass, mögliche Motive der Abweichler zu ergründen und fabuliert einen bis auf die letzte Seite spannenden Verschwörungskrimi. Die Journalistin Anna Buchwald, den Seghers-Lesern bereits aus dem letzten Roman Die Akte Rosenherz bekannt, informiert Kriminalhauptkommissar Robert Marthaler über die mysteriöse Nichterreichbarkeit einer routinierten Kollegin. Gemeinsam entdecken die beiden die Leiche der bekannten Investigativjournalistin Herlinde Scherer in deren Hotel unweit des Frankfurter Zoos. Kaum ist Spurensicherer Carlos Sabato vor Ort und nimmt seine Arbeit auf, taucht der LKA-Beamte und Marthalers ehemaliger Kollege Axel Rotteck auf und reißt den Fall an sich. Von Rottecks verdächtigem Gebaren höchst irritiert, ermittelt Marthaler trotz fehlender Handhabe, aber mit dem stillschweigenden Einvernehmen seiner Chefin an diesem Fall weiter.

Gleichzeitig wird im osthessischen Schwarzenfels der 22-jährige Süleyman Zeuge eines Unfalls mit Todesfolge. Nachdem er beim toten Motorradfahrer kinderpornographische Bilder entdeckt und an sich nimmt, gerät er in Lebensgefahr und lernt auf seiner Flucht Anna Buchwald kennen, die mit unkonventionellen Methoden Robert Marthaler bei den Ermittlungen hilft. Jan Seghers verknüpft beide Handlungsstränge perfekt miteinander und lässt noch einen weiteren, im Prinzip abgeschlossenen Kriminalfall in die Sterntaler-Verschwörung hineingleiten. Sein mit privaten Problemen kämpfender Hauptkommissar Marthaler kommt dem politisch-wirtschaftlichen Komplott, der zum Tode der Journalistin führte, immer näher und muss sich durch einen Sumpf aus Macht, Korruption und Intrigen wühlen. Wie schon in den Vorgängerbänden Ein allzu schönes Mädchen, Die Braut im Schnee, Partitur des Todes und Die Akte Rosenherz, gelingt Jan Seghers in Die Sterntaler-Verschwörung eine vortreffliche Melange aus kriminalistischem Spürsinn, Witz und hessischem, respektive Frankfurter, Lokalkolorit. Eine nach wie vor mehr als empfehlenswerte Krimireihe.

Jan Seghers: „Die Sterntaler-Verschwörung“, Kindler Verlag, Hardcover, 978-3-463-40315-1, 19,95 €.

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