Reeperbahn Festival 2014: Erster Tag – Konzert Review

Der Austin-Texas-Abend in der Hasenschaukel

von Gérard Otremba (Beitragsfoto: Logo Reeperbahn Festival)

Der erste Abend des diesjährigen Reeperbahn Festivals in Hamburg gehörte ganz und gar der erfreulicherweise wiedereröffneten Hasenschaukel. Dort traten am Mittwoch, 17. September 2014 sechs Künstler aus Austin, Texas, auf, die zwar alle mit einer akustischen Gitarre unterwegs waren und doch auf unterschiedliche Weise die Musikvielfalt Austins repräsentierten.

Mrs. Glass

Pünktlich um 19.30 Uhr betritt Mrs. Glass die kleine Bühne der Hasenschaukel. Normalerweise wird der Gitarrist noch von Bass und Drums unterstützt, doch diesmal reicht ein Hocker, eine Gitarre und los geht es mit seinem halbstündigen, urigen Blues-Gig. Als ob der Mann mitten aus dem Mississippi-Blues-Delta angeschwemmt worden wäre, evoziert er die großen Bluesväter vergangener Jahrzehnte, steuert jedoch noch einige Roots-Rock- und Boogie-Elemente ein und klingt dann wie eine auf Gesang und Gitarre reduzierte Tom Petty– oder ZZ Top-Variante. „This song is about drinking“, kündigt Mrs. Glass ein Stück an, nimmt einen Schluck aus dem Whisky-Glas und stürzt sich in ein weiteres Blues-Abenteuer. Das Publikum in der überfüllten Hasenschaukel ist vollkommen zu Recht hellauf begeistert. Und dass „Personal Jesus“ nicht nur bei Depeche Mode funktioniert, hat bereits Johnny Cash mit seinem Cover auf The man Comes Around bewiesen. Die Blues-Version von Mrs. Glass überzeugt ebenfalls.

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Carson McHone

Im Anschluss an Mrs. Glass tritt die junge Songwriterin Carson McHone auf. Ihr sehnsuchtsvoller Country-Folk ist eine Wiedergeburt der besten Zeiten von Emmylou Harris, Lucinda Williams und Joni Mitchell. In McHones Stimme schwingt der typische amerikanische Country-Twang und irgendwie scheint sie mir prädestiniert für ein Duett mit Ryan Adams. Wer sich nach eigenen Worten von Townes van Zandt inspirieren lässt, muss ein guter Mensch sein und eine großartige Musikerin obendrein, wie das einfühlsame, barmende und dramatische „Desert“ oder das sanfte und wunderschöne „Good Luck Man“ beweisen. Nach einer EP erscheint demnächst der erste Longplayer von Carson McHone. Wir sind gespannt und erfreut. Im Hasenschaukel-Publikum hat sie sicherlich viele neue Fans hinzugewonnen.

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Jesse Moore

Fans hat sich Jesse Moore als Mitglied der Band East Cameron Folkcore in diesen Breitengraden schon erspielt. Dementsprechend gerät sein Auftritt zu einer Art umjubelten Heimspiel. Von der ersten Sekunde rockt Moore mit der einer Harp und der Akustischen das Haus. Sein Gesang ist ein inbrünstiger, rausgeschmetterter, gar schmerzhafter und voller Leidenschaft akzentuierter. Ein exzentrischer Folk-Punk, der manchmal an Chuck Ragan, in den ruhigeren Momenten aber auch an die Folksongs und das Bardenhafte von Neil Young und Bob Dylan erinnert. Ein intensives und überwältigendes Kurz-Konzert von Jesse Moore.

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Aisha Burns

Das kann man getrost auch vom Auftritt der Sängerin, Violinistin und Gitarristin Aisha Burns behaupten. Ihr allerdings gelingt die Kunst, mit ganz leisem und zartem Folk-Blues-Soul die Hasenschaukel-Gäste in ihren Bann zu ziehen. Geradezu schüchtern und zurückhaltend singt sie ihre Songs, verletzlich, fast durchgehend mit geschlossen Augen, die Gitarre im Fingerpicking-Stil nutzend, die wie schmachtende Klagelieder klingen und jederzeit mit ihrer entrückten Schönheit berühren. Es ist mucksmäuschenstill in der Hasenschaukel, ein bewegendes Konzert von Aisha Burns, deren Debutalbum Life In The Midwater vor einem Jahr erschienen ist. Ein unbedingt merkenswerter Name.

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Chris Brecht

Der Songwriter Chris Brecht, der als Ersatz für Leo Rondeau einspringt und ansonsten die gemeinsame Festival-Tournee der „Austin-Six“ für einen Film festhält, darf dann selbst vor das Mikro und wird von seiner Kollegin Dana Falconberry gefilmt. Brecht scheint ein Ryan Adams– oder Israel Nash-Bruder im Geiste zu sein. Seine Songs sind filigrane Adaptionen des akustischen Ryan Adams-Folk im bestmöglichen Sinne. Chris Brecht tritt als stiller Barde und Folkie auf, der das Greenwich Village-Feeling der frühen 60er in die Jetztzeit beamt.

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Dana Falconberry

Zum Abschluss des Abends bezirzt dann Dana Falconberry mit ihrer charmanten, süßen, jugendlichen Stimme die Reeperbahn-Festival-Gäste in der Hasenschaukel. Ihr 30-Minuten Auftritt bietet entzückenden Dream-Folk und Kammer-Pop, dezent und lieblich, manchmal naturalistisch, aber immer den richtigen Nerv treffend. Dana Falconberry versuchte sich während ihrer Schulzeit in Michigan am Ballett, bevor sie nach Austin zog und mit dem Songschreiben begann. Wie gut, dass sie diesen künstlerischen Wechsel vollzog, man möchte sich der Sogwirkung ihrer Musik nicht mehr entziehen. Ein perfektes Ende eines wunderbaren ersten Abends beim Reeperbahn Festival 2014.

Mehr zu der Festival-Tour der Austin-Musiker online unter: http://www.projectatx6.com/

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