Marissa Nadler: July – Album Review

Eine magische neue Platte von Marissa Nadler, voller anmutiger, erhabener Schönheit

von Gérard Otremba

Beim Hören des neuen Albums von Marissa Nadler bleibt die Zeit stehen. Auf July, dem sechsten Longplayer der amerikanischen Songwriterin, triumphiert die Stille, die Einsamkeit und die reine Schönheit. Die 1981 in Washington geborene Nadler fasziniert mit einer verträumten, entrückten und zumeist traurigen Stimme, die an Hope Sandoval und Sandy Denny denken lässt. Ihr Gesang und das Fingerpicking-Gitarrenspiel stehen auf fast allen der elf Songs im Vordergrund. Marissa Nadler singt auf July so anmutig und graziös wie eine Elfe, ihre Kompositionen sind formvollendete Folk-Noir-Stücke, zerbrechlich, hingebungsvoll und manchmal auch gespenstisch anmutend, wie die edlen Keyboardpassagen in „Dead City Emily“. Man schwebt hier mithin in ein sinisteres Geisterreich, der Gesang verhallt, auch die Synthie-Klänge erobern auf ganz sanfte Art eine andere Dimension. In „Was It A Dream“ sorgt ausnahmsweise mal eine E-Gitarre für zarte Farbtupfer, auch ein Schlagzeug ist im Zeitlupentempo zu vernehmen.

Herzallerliebster Dream-Pop mit Tiefgang. Die Sehnsucht in „Firecrackers“ verursacht innere Erschütterungen, die Streicher und die Schwere, die auf „1923“ lastet, treiben einen die Tränen in die Augen, „Baby, come back to me“ barmt Marissa Nadler verzweifelt, doch es scheint gewiss, sie bleibt allein. Bei „Desire“ findet sich Nadler in den verwunschenen Naturimpressionen einer Beth Gibbons wieder, in „Anyone Else“ entdeckt sie in der Nähe zu Kate Bush eine andere Feen-Abgesandte. Allerspätestens bei „Holiday In“ sind wir dann im Referenzspiegel bei dem großen, alten Songwriter-Meister Leonard Cohen angekommen. Die zwei Piano-Songs „I’ve Got Your Name“ und das abschließende „Nothing In My Heart“ sind beklemmende, zutiefst berührende Oden an die Verlassenheit. Wer hier keine Regungen zeigt, hat wirklich nichts im Herzen und wohl auch sonst mit seiner Gefühlswelt abgeschlossen. Es ist alles so fürchterlich traurig auf July und doch alles von erhabener Schönheit durchflutet, wie im Eröffnungssong „Drive“, wo Backing Vocals durch Raum und Zeit gleiten und eine Gitarre in Düsternis versinkt. Ein Album voll von purer Magie.

„July“ von Marissa Nadler ist am 07. Februar bei Bella Union / Pias Cooperative erschienen.

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