Bob Dylan live in Hamburg

Bob Dylan zeigt sich beim Konzert am 20.10.2013 im Hamburger CCH entspannt und ausgeglichen

von Gérard Otremba

Es ist immer wieder ein großes Vergnügen, Bob Dylan bei seiner Neverending Tour erleben zu dürfen. Immerhin sind in den letzten 23 Jahren 14 Konzerte zusammengekommen, an unterschiedlichen Orten, mit zahlreichen verschiedenen Dylan-Launen, der seine Songs, und genau das ist das Spannende an den Auftritten des mittlerweile 72-jährigen Songwriters, von Jahr zu Jahr in veränderten Versionen auf die Bühnen der Länder dieser Erde bringt. Bob Dylan hat schon immer sein Ding durchgezogen, Publikumserwartungen scherten ihn nicht, die Verarbeitung seiner Ideen war dann doch wichtiger. Daran hat man sich als Konzertgast längst gewöhnt und die Nuschelkonzerte der Frühneunziger sind längst präzisen, souveränen und zumeist auf den Punkt gebrachten Gigs gewichen.

Dylan hat es sich musikalisch auf der Bühne in einem coolen Country-Roll gemütlich gemacht, der in einer entspannten und legeren Art und Weise präsentiert wird, vom Opener „Things Have Changed“, über „Beyond Here Lies Nothin‘“ und „Duquesne Whistle“ bis hin zu „Spirit On The Water“. Im Vergleich zu seinen letzten beiden Hamburg-Konzerten von 2011 im Stadtpark und mit Mark Knopfler in der o2-World-Arena, die teilweise geradezu expressionistisch anmuteten, wirkt Bob Dylan bei seinem zweiten Auftritt in zwei Tagen  im CCH altersmilde und in sich gekehrt. Sechs seiner 19 Titel umfassenden Setlist stammen aus seinem 2012erschienenen, großartigen Album Tempest, so hoch war die Quote der Songs seiner jeweils aktuellen Platten bei den Konzerten in den letzten Jahren nicht. Umso schöner, denn Stücke wie „Scarlet Town“, „Soon After Midnight“ und „Long And Wasted Years“, hintereinander weg vor den Zugaben präsentiert, fließen formvollendet durch den Saal, die Band um Langzeit-Bassist Tony Garnier spielt zurückhaltend und lässt Dylans Stimme genug Raum zur Entfaltung.

Dieser raunt und krächzt sich durch sei Repertoire und zeigt bei „Forgetful Heart“, welch emotionale Tiefe er mit seinem Gesang immer noch erzeugen kann. Das Violinenspiel von Donnie Herron, der sonst die Steelgitarre bedient, trägt maßstäblich zur schmerzlichen Traurigkeit dieses Songs bei. Ein ganz großes Highlight dieses Abends, ebenso wie der Blues-Rock von „Early Roman Kings“. Ganz vorzüglich auch „High Water (For Charley Patton)“, erster Song nach einer gut 20-minütigen Pause. Ein Best-Of-Programm bringt „His Bobness“ natürlich nicht, zu den bekannteren seiner Lieder gehören „Tangled Up In Blue“ sowie „Simple Twist Of Fate“ aus seinem genialen Album „Blood On The Tracks“, diesmal als Country-Balladen aufgeführt. Erst in den beiden Zugaben steigt der Bekanntheitsgrad mit „All Along The Watchtower“ und „Blowin‘ In The Wind“. Alles in allem ein wunderbares Sonntagabendkonzert mit einem aufgeräumten, ausgeglichenen Bob Dylan, der mit seiner Begleitband perfekt harmoniert.

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Kommentare

  • <cite class="fn">gerhard</cite>

    Hab mich im Rahmen des letzten München-Konzerts auch ausführlich zum Thema Dylan ausgelassen, vielleicht interessiert es Dich:
    http://gerhardemmerkunst.wordpress.com/tag/bob-dylan/
    Viele Grüße,
    Gerhard

    • <cite class="fn">Pop-Polit</cite>

      Ja, ganz schön ausführlich. Ich finde „Chronicles“ verdient die Bestnote, Bono hin oder her. Eine Autobiographie, wie sie sonst niemand aus der Musikbranche hinbekommt, literarisch anders. Ich finde auch die Trilogie von Paul Williams herausragend. Bei den Alben fehlt mir die „Oh Mercy“, finde ich allemal besser als die Live-Aufnhame mit Greatful Dead. Und die „Times They’re A-Changin'“ würde ich der „Street Legal“ vorziehen. Bei den Coverversionen bewegt mich doch auch „I’ll Keep It With Mine“ von Faiport Convention sehr. Viele Grüße, Gérard

      • <cite class="fn">gerhard</cite>

        Danke für Deine ausführliche Antwort.
        Mir war klar, dass die „Dylan & The Dead“ ein Reizthema ist, ein Dylanologe aus meinem Bekanntenkreis haut mir die ständig um die Ohren 😉
        Aber als alter GD-Fan mag ich sie einfach nicht so schlecht finden, wie sie immer besprochen wird. ‚Oh Mercy‘ ist eine klasse Platte, da geb ich Dir recht, die hab ich aber seinerzeit völlig übersehen und erst vor einigen Wochen für billiges Geld erstanden, ich war dann doch sehr erstaunt über die Qualität, zumal das Ding aus einer Zeit stammt, in der man vom Meister wenig erwarten konnte.
        Aber letztendlich ist klar, dass da jeder andere Favoriten hat und das ist auch gut so.
        Viele Grüße,
        Gerhard

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