KISS: Destroyer (Resurrected)

Das Kiss-Klassiker-Album neu aufgelegt

von Gérard Otremba

kiss

Es sind Kindheitserinnerungen. Im Zimmer des ein paar Jahre älteren Cousins hing das fette KISS-Poster. Die Herren sahen wahrlich furchteinflößend aus mit ihrer ganzen gespenstischen Schminke im Gesicht und den futuristischen Klamotten. Kinderschrecks halt. Im Radio lief „I Was Made For Lovin‘ You“ rauf und runter, man bekam auch als Zehnjähriger nicht genug davon. Ein Disco-Rock’n’Roll-Feger par excellence. Leider hatte der Zehnjährige noch nicht wirklich was davon, denn Disco gab es nur im Fernsehen. Aber das Radio tröstete über die Unbillen des Lebens hinweg. Dass die KISS-Männer ihre Instrumente auch etwas radikaler als auf „I Was Made For Lovin‘ You“ spielen konnten, war von den Platten des Cousins bekannt. Damals jedoch nur bedingt faszinierend, waren die Hörgewohnheiten im Jahre 1979 doch mehr durch ABBA, Blondie, ELO oder Racey geprägt.

KISS gefallen sich mit hymnischem Rock und großer Theatralik

Hört man sich heute die unlängst neu erschienene Remastered-Version des KISS-Albums „Destroyer“ von 1976 an, so bleibt das Gefühl der Verwunderung zurück. So laut und hart, wie in der Erinnerung klingen KISS nun auch wieder nicht. Was vielmehr auffällt, ist der Hang zur Theatralik, dem die Herren Paul Stanley (Gesang, Gitarre), Gene Simmons (Bass), Peter Criss (Schlagzeug) und Ace Frehley (Gitarre) frönten. Irgendwie scheinen KISS damals die perfekte Schnittstelle zwischen Black Sabbath, T-Rex, The Sweet, Queen, Meat Loaf, AC/DC und Nazareth gewesen zu sein. Natürlich dröhnt „Detroit Rock City“ mächtig los und verbindet den Hard- mit dem Glam-Rock, doch schon „King Of The Night Time World“ entwickelt sich zum opulenten und hymnischen Rock. Schwer stampfenden Blues-Rock erleben wir bei „God Of Thunder“ und „Great Expectations“ ist dann schon die große Oper, die nach Queen und Theatralik und himmlischen Chören und feierlichem Pathos schreit.

Mit „Destroyer“ bieten KISS Opulenz und Bombast

„Flaming Youth“ viel mehr Pop, der an The Sweet erinnert, als an Hardrock, mit einem geilen Refrain-Groove, der sich sofort in den Ohren einnistet . „Sweet Pain“ rockt ganz wunderprächtig und „Shout It Out Loud“ ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn eine bessere Mitgröl-Rock-Hymne, in der der Songtitel gefühlte tausend Mal ins Mikro geschrien wird, kann es kaum geben. Songs für große Stadien. Bei der Ballade „Beth“, ausgestattet mit Piano, Flöten und Streichern, werden die KISS-Mitglieder richtig schön zahm. Das hymnische Pathos zelebrieren sie auch hier. Mit dem straighten Rocker „Do You Love Me?“ verabschieden sich KISS und als Bonustrack gibt es noch „Sweet Pain“ samt Gitarren-Solo zu hören. Trotz der überbordenden Opulenz und der Bombast-Attitüde, bleibt „Destroyer“ ein großartiges Rock-Album.

Die Remastered-Version „Destroyer“ von KISS ist am 17.08.2012 bei Mercury / Universal erschienen.

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