Nils Koppruch & Der Wald live im Hamburger Knust

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Hamburger Heimspiel für Nils Koppruch

von Gérard Otremba

„Sie sind jung, sie sind schön, sie kommen aus Hamburg“. Mit diesen Worten kündigte Sven Regener von Element Of Crime seine damalige Vorgruppe Fink an. Es war 1999 und im Frankfurter Raum war die Band Fink noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Doch das sollte sich schlagartig ändern. Sie waren nicht nur jung und schön, sie waren auch noch musikalisch abseitig und originell.

Fink als Vorgruppe von Element Of Crime

Und da standen sie, Sänger Nils Koppruch und seine Begleitmusiker, eroberten sofort Herz und Hirn der Hörer, eine Liebe auf den ersten Blick. Schnell steckte man Fink in die deutsche Country-Pop-Ecke, nur weil sie eine Steel Pedal Gitarre und ein Banjo benutzten. Dabei waren sie Lichtjahre entfernt von Truck Stop, oder machen Truck Stop nur Westernmusik? Folk, Blues, Bluegrass hätte es als Orientierung auch getan. Anyway, Fink überzeugten einfach durch wunderbare Musik und melancholische bis skurrile Texte. „Er sieht sie an während sie ihn ansieht und er sieht zur Tür“, oder noch besser: „Ich besorg dir einen Mörder, wenn du ihn bestellst, und ich wüßte sogar einen, der die im echten Notfall hilft.“ Wer konnte da schon widerstehen? Da mußte man einfach mit und prompt lief die damals aktuelle CD „Mondscheiner“ im Repeattastenmodus.

Die Solo-Platten von Nils Koppruch, „Den Teufel tun“ und „Caruso“

Drei Studio- und eine Live-LP später gehörten Fink leider der Vergangenheit an. 2007 dann „Den Teufel tun“, das erste Solo-Werk von Nils Koppruch, der seine poetischen Betrachtungen einfach weiter unter seinem eigenem Namen veröffentlichte. Im Vergleich zu „Haiku Ambulanz“ und „Bam Bam Bam“, den letzten beiden Fink-Alben, setzte Koppruch wieder auf mehr Ruhe und Besinnlichkeit. Die kargen Singer-Songwriter-Arrangements überwogen auch bei „Caruso“, seiner 2010 erschienenen Platte. Natürlich stehen die Songs dieser Alben im Mittelpunkt seines Auftritts im Knust, just zu Hamburgs bestem Live-Club gekürt.

Nils Koppruch und Der Wald sorgen für famose Live-Dynamik

Und doch beginnt Nils Koppruch, zunächst allein mit Gitarre und Mundharmonika auf der Bühne erscheinend, das Konzert überraschenderweise mit „Der richtige Ort“, dem Eröffnungssong des allerersten Fink-Albums „Vogelbetrachtung im Winter“. Doch zu ruhig und melancholisch sollte der Abend auch nicht werden. Denn mit der Bandbegleitung „Der Wald“, betsehend aus den Langzeitgefährten Lars Paetzelt am Bass, Christoph Kähler am Schlagzeug und Marcus Scheider an den Gitarren, entwickeln die Songs eine famose Live-Dynamik, die viel mehr mit Rock’n’Roll als mit Folk zu tun haben. Egal, ob „Nicht die Bienen“ oder „Mit eigenen Augen“, ob mit oder ohne Banjo, Nils Koppruch und Der Wald bringen ordentlich Drive in die Veranstaltung und das alles erinnert im besten Sinne an die letztjährige Vorstellung von Bob Dylan und seiner Band im Hamburger Stadtpark.

Moderne Koppruch- und alte Fink-Klassiker

Es weht dieser typische Americana-Flow durch die Songs, so daß bei „Vergessen was ich wußte“ nicht nur das galoppierende Banjo im Vordergrund steht, sondern auch die Gitarre für Schwung sorgt. Immer wieder gerne gehört sind die modernen Koppruch-Klassiker „Kirschen (wenn der Sommer kommt)“, „Den Teufel tun“ und „Komm küssen“, inklusive eines wunderbar tanzbaren Shuffles, während der neue Song „Zieh dein Hemd aus Moses“ im schweren Blues-Rock mündet. Ähnlich rockig geerdet der „Talking Darum Blues“ aus Fink-Zeiten und „Caruso“. „Die Aussicht“ hingegen besticht durch das lässige Zusammenspiel zwischen Banjo, Harp und Percussion. Im Zugabenteil dann noch weitere vier Fink-Klassiker, „Kleines grünes Haus“, „Ich kümmere mich darum“ (das Stück mit dem bestellten Mörder), „Das Liebste“ sowie ganz zum Schluß das wunderschöne „Irgendwann Regen“. Ein perfekter Abgang von Nils Koppruch, eines begnadeten deutschen Songwriters, auf dessen neues Album – und das nächste Konzert – alle gespannt warten.

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