Felice Brothers: Celebration, Florida – Album Review

Schräg, skurril und schön

von Gérard Otremba

Die Felice Brothers tingelten 2006 noch durch die New Yorker U-Bahn-Stationen, bevor sie bei Conor Oberst und seinen Bright Eyes im Vorprogramm auftreten durften. Im Jahrestakt brachten sie seit 2007 mit „At The Arizona“, „Felice Brothers“ und „Yonder The Clock“ drei Alben heraus, die neue Akzente in der New-Folk-Americana-Welle setzten.

Die Felice Brothers und ihre Schrägheit, jenseits von schönen Harmonien

Mit ihrer vierten Platte „Celebration, Florida“ nehmen die Felice Brothers die Country-Folk-Rock-Elemente ihrer ersten Werke auf und setzen der bereits vorhandenen Schrägheit in ihren Songs die Krone auf. Der Wiedererkennungseffekt in der Stimme von Ian Felice ist frappierend. Selten gab es eine bessere und doch eigenständigere Bob Dylan-Stimmenimitation als eben jene von Ian Felice. Zusammen mit Bruder James Felice sowie den befreundeten Mitmusikern Greg Farley, X-Mas und David Turbeville entführt Ian Felice die Hörer in eine reichlich abgefahrene Musikwelt kurz vor dem Morgengrauen. In einer durchzechten Nacht treffen sich Bob Dylan, Townes Van Zandt, Will Oldham und Tom Waits zum gemeinsamen Musizieren. Von schönen Harmonien träumen andere.

Die Songs von „Celebration, Florida“ zwischen Schwermut und Soul

Mit „Fire At The Pageant“ geht es dann auch gleich brisant und mächtig los. Kindergeschrei, Alltagsgeräusche, Klagegesänge, die Welt als düsterer, verstörender und verwirrender Ort. Ein feines Piano-Spiel begleitet den kurzatmigen Gesang von Ian Felice beim schwermütigen „Container Ship“, bevor sich mystische Synthie-Klänge in den Vordergrund schieben. Weit und breit keine Rettung in Sicht. Aber vielleicht doch bei „Honda Civic“. Mit Akkordeon und fetten Bläsersätzen geraten die Brüder in eine Art Polka-Verzückung mit einer Menge Northern Soul versehen. Die Verrücktheiten von Madness lassen grüßen. Eine Piano-Ballade bieten die Felice Brothers mit „Oliver Stone“. Ian Felice presst seine Stimme bis zum Äußersten, die dunkle Nacht hat ihn fest umschlungen. „Ponzi“ ist der ultimative große Wurf der Felice Brothers. Ein Bar-Jazz-Piano gibt den Ton an, Bass, Drums, Gitarre und natürlich die unverwechselbare Stimme von Ian Felice stolpern durch die Nacht, jubilierende Chöre feiern, ein New Order und Visage geeichter Synthie-Sound mit fetten Drum-Beats knallt in den Song rein, es poltert und holpert an allen Ecken und bleibt doch zutiefst traurig und romantisch.

Die skurrile Welt der Felice Brothers

„Back In The Dancehalls“ finden die Felice Brothers keine große Party mehr. Schräge Violinen spielen auf, aufkommende Melodien werden permanent von einzelnen Instrumenten gestört, der Kehraus beginnt. In „Dallas“ treibt Ian Felice sein Dylan-Imitat auf die Spitze, ein dramatisches Piano-Spiel unterstreicht noch die nasal-quengelnde Stimme, Leidkultur. Anschließend stampft „Cus’s Catskill Gym“ im schweren Blues-Rock los, diverse Breaks, Trompeten und Shalala-Chöre unterwandern den Song, schräge Ideen treiben die Felice Brothers um. „Refrain“ gerät dann wieder zur todtraurigen Ode und „Best I Ever Had“ hat den Country-Folk-Dreh raus. Könnte von den Coen-Brüdern demnächst als Filmmusik gebraucht werden. Im krönenden Album-Abschluss „River Jordan“ erheben sich nochmal alle Instrumente zum endgültigen Pathos. Die Felice Brothers offenbaren eine skurrile Welt, voller merkwürdiger Einfälle und halten somit das Interesse an ihrer Musik hoch.

„Celebration, Florida“ von den Felice Brothers erscheint am 27.5.2011 bei Loose Music/Rough Trade.

Kommentar schreiben