Joe Jackson live in der Hamburger Fabrik am 10.11.2010

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von Gérard Otremba

Selbstverständlich betritt der schlaksige Joe Jackson die Bühne im Anzug, setzt sich ans Piano und beginnt den Abend mit „It’s Different For Girls“, einem sehr alten Hit aus seinem zweiten, 1979 erschienen Album „I’m The Man“. Es ist in den letzten Jahren ruhig geworden um Joe Jackson. Seine letzte CD „Rain“ erschien bereits vor fast drei Jahren und seit „Laughter & Lust“ 1991 fordert er seine alten Fans mit gewöhnungsbedürftigen Platten wie „Night Music“ und „Symphonie No. 1“ heraus. „Volume 4“ aus dem Jahr 2003 macht da noch eine erfreuliche Ausnahme. Oftmals ist ihm, wahrscheinlich nicht ganz zu unrecht, Arroganz vorgeworfen worden, doch das Grantlertum der frühen Jahre scheint einer milden Altersweisheit gewichen. Die kann sich der mittlerweile 56-jährige wohl auch leisten.

Zwischen Jazz und Bruce Springsteen

Joe Jackson fand in Hamburg den guten Kompromiss, seine Anhänger mit alten Ohrwürmern zu beglücken und selbst Spaß daran zu haben. Man fühlte ich sehr schnell an das Doppel-Album „Live 1980/86“ erinnert. Unterstützt von den alten Weggefährten Graham Maby am Bass und Dave Houghten am Schlagzeug, gelang ihm ein sicherer Stilmix aus New Wave, Pop, Rock und Jazz. Im Grunde seines Herzens ist der studierte Musiker natürlich ein Jazzpianist, der allerdings nicht nur den Jazzgrößen verfallen ist, sondern auch der Rockmusik eines Bruce Springsteen etwas abgewinnen kann. Und so ist Joe Jackson dann doch im Pop angekommen und das ist gut so. Die Konzerte seiner laufenden Tournee werden für ein Live-Album aufgezeichnet und so präsentierte Joe Jackson eine ausgewogene Rückschau seines langjährigen musikalischen Schaffens.

Bekanntes und Neugewandtes

Von „Fools In Love“ über „China Town“ bis hin zu „Tomorrows World”. Neben seinen Eigenkompositionen spielte er auch Coverversionen von Ian Dury, Duke Ellington und das John Lennon gewidmete “Girl” von den Beatles, ein gar wunderbares Cover mit allen dazugehörigen Stoßseufzern. Nur um anschließend ein zu Tränen rührendes „Be My Number Two“ am Piano zu zaubern. Ganz große Gefühle. Bei „Sunday Papers“ kam der gute Joe Jackson dem Tempo des Stückes mit seinem Gesang kaum noch hinterher, eine feine Überraschung, diesen auf seinem Debut-Album „Look Sharp!“ von 1979 erschienen Song noch mal gründlich auf den Kopf zu stellen und neues Leben einzuhauchen. Dieser seiner Post-Punk-Phase huldigte er noch mit einer völlig entfesselten Version von „Got The Time“.

„Is She Really Going Out With Him“ und Steppin‘ Out“

Einen seiner Megahits „Is She Really Going Out With Him“ spielte er gewohnt routiniert, ebenso „Another World” sowie „Steppin’ Out” im Zugabenblock. Und zum krönenden Abschluss liefert er noch einen betörenden „Slow Song“. Alles in allem war dieses Konzert eine runde Sache mit diversen Highlights, auch wenn „You Can´t Get What You Want (Till You Know What You Want)“ und „Happy Ending“ irgendwie doch fehlten. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

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