Patti Smith live in Hamburg – Konzertreview

 

Patti Smith bringt den Frieden, die Liebe und die Kraft in den Hamburger Stadtpark

Der 16.08. ist ein ominöser Tag in der Rockgeschichte. Am 16.08.1977 verstarb der „King“ Elvis Presley. Exakt also 40 Jahre nach dem Ableben des großen Rock’n’Roll-Stars beehrt mal wieder die wundervolle Patti Smith Hamburg und gibt ein Konzert voller Spiritualität im Winterhuder Stadtpark. Sie lässt es sich selbstverständlich nicht nehmen, Elvis Presley zu gedenken und stimmt als erste Zugabe ein getragenes und romantisches „Can’t Help Falling In Love“ ein. Es ist der wahrscheinlich stimmungsvollste Moment während des Konzertes der 70-jährigen Sängerin, singen doch 4000 Kehlen beseelt den weltberühmten Refrain mit. Fehlen allein noch die Wunderkerzen. Doch die braucht es nicht, um Karma und Magie zu verbreiten. Das schafft die Grand Dame des Rock mit ihrer Ausstrahlung schon selbst.

Es ist ein würdevolles, ja majestätisches Auftreten Patti Smiths an diesem lauschigen Sommerabend in der Stadtpark-Open-Air-Arena. Gelassen und gemessenen Schrittes, zurückhaltend und fröhlich betritt sie mit ihrer vierköpfigen Band (Lanny Kaye an der Gitarre, Sohnemann Jackson Smith an der Gitarre, Bassist Tony Shanahan und Schlagzeuger Jay Dee Daugherty) wenige Minuten nach 20 Uhr die Bühne, freut sich wieder in Hamburg zu sein und beginnt das Konzert mit dem ruhigen und bluesigen „Wing“. In der Folge entwickelt sich kein gewöhnliches Rockkonzert und mit Punk, als dessen Wegbereiterin die 1946 in Chicago geborene Smith seit ihrem famosen Debütalbum Horses gilt, hat ihre Live-Darbietung selbstverständlich nichts zu tun. Solche Genre-Einordnungen sind ihr schätzungsweise völlig egal. Smiths Auftritte sind Andachten, sie bringt Botschaften des Friedens, gedenkt Toten (Sam Shepard, Sun Ra, Fred „Sonic“ Smith) und Aktivisten, erinnert an die Entrechteten dieser Erde und wettert gegen Donald Trump.

In ihrem missionarischen Eifer, die Welt zu verbessern, ist sie die Rock’n’Roll-Ausgabe der Folk-Queen Joan Baez und der verlängerte Arm von Bono. Nicht ganz von ungefähr hat Patti Smith den glorreichen U2-Song „Mothers Of Disappeared“ im Programm. Patti Smith zelebriert ihre Songs mit der Reife ihrer Jahre, ein beherztes „Dancing Barefoot“, ein gebetetes „Ghost Dance“, ein eindringliches „My Blakean Year“, ein mit Musik untermalter Gedichtvortrag („Tarkovsky (The Second Stop Is Jupiter)“) und ein kosmisches „Beneath The Southern Cross“. Zwischendurch überzeugte Ansagen für Frieden und Freiheit und kleine lustige Anekdoten über eine Libelle, der sie in ihrer kleinen Sangesauszeit (während ihre Band mit Lenny Kaye am Mikro mit „A Day In The Life“ von den Beatles an den Summer Of Love von 1967 gedachte) begegnete.

Wie ein gleichmäßiger Wasserlauf fließt das Konzert dahin. Erst zum Schluss brandet es auf, mit dem rockigen „Summer Cannibals“, einer gar nicht so sehr gerockten, sondern vielmehr gravitätischen Version von „Because The Night“ und dem Finale mit ihrer grandiosen Interpretation des Them-Klassikers „Gloria“ mit Smiths ins Rock-Pantheon eingegangenem Eingangsvers „Jesus died for somebody‘s sins, but not mine“. Ganz am Ende, nach gut 90 Minuten, spendet die Schamanin und  Hohepriesterin des Rock  ihren Fans noch Kraft mit „People Have The Power“. Ein unverwüstlicher Smith-Klassiker und perfekte letzte Song eines erhabenen Konzertes.

Kommentare

Kommentar schreiben