Der Berlin-Marathon 2017 und die Nacht der Zehner in Hamburg

 

Den Berlin-Marathon im Kopf und die „Nacht der Zehner“ in den Beinen

„Die Nacht der Zehner“ war eine willkommene und gelungene Abwechslung im meinem Training für den Berlin-Marathon 2017. Und mein erster offizieller Bahnwettkampf, treibe ich mich sonst doch meistens auf der Straße rum. Tempo-Intervall-Einheiten auf der Jahnkampfbahn im Hamburger Stadtpark kenne ich natürlich von meinem Training bei Hamburger Sportclub (HSC). Genau dort sollte die erste Ausgabe der „Nacht der Zehner“ ursprünglich stattfinden. Super, dachte ich mir, ein echtes Heimspiel, kenne ich die Bahn aus dem Training nur zu gut und bin in zehn Minuten mit dem Rad vor Ort. Nach einem Blick in meinen Trainingsplan, der einen 14-KM-Lauf mit einem Schnitt von 4:10 für diesen Tag aufwies, meldete ich mich für den Lauf mit den avisierten Zielzeiten von  35-50 Minuten an. Für die Elite unter 35 Minuten reicht es für mich entschieden nicht.

Aufgrund einer Vielzahl von Anmeldungen, allein bei meinen Lauf wollten fast 70 Teilnehmer an den Start, wurde der eine große „Einsteiger“-Lauf in vier kleinere Wettkämpfe gesplittet. So fand ich mich, meiner angegebenen Zielzeit von 42:37 (eine ungefähre und vorsichtige Schätzung, da ich in diesem Jahr noch keine 10-KM-Zeit stehen hatte und meinen Straßenrekord von unter 40 aus dem letzten Alsterlauf aus dem Marathontraining nicht angreifen vermag, für diese Zeiten muss ich mich explizit vorbereiten) in der Gruppe 42-46 Minuten. Umso besser, denn bei einem großen Lauf mit viel schnelleren Damen und Herren, wäre ich ständig überrundet worden, psychologisch nicht unbedingt von Vorteil.

Seit Juni war „Die Nacht der Zehner“ als Wettkampf auf der Jahnkampfbahn angekündigt, im Training eine Woche vor dem Event am 11.08. erfuhr ich von Verschönerungsarbeiten auf der Bahn. Als manchmal immer noch grenzenloser Naivling dachte ich, die Renovierungsarbeiten auf meiner Hausbahn fänden extra vor der „Nacht der Zehner“ statt, so dass die Jahnkampfbahn pünktlich zum Wettkampf im neuen Glanz erstrahlen möge, aber Pustekuchen. Ein übler bürokratischer Schildbürgerstreich zwang den Veranstalter, sich verdammt kurzfristig eine neue Location suchen zu müssen. Fündig wurde die BMS-Laufgesellschaft dann in Hamm auf dem Sportgelände im dortigen Park. Also, kein Heimspiel, sondern trotz Regen auf mein klappriges Damenrad gestiegen und ab nach Hamm.

Frühzeitig genug angekommen, um den HSC-Kollegen Patrick Beer, der sich mit seiner Zielzeit von 47:14 zufrieden zeigte, bei seinem Lauf anzufeuern, bevor meine Aufwärmphase begann. Dann stand auch für mich endlich mein erster Bahnwettkampf auf dem Programm. Der Regen hörte beim Start dankenswerterweise auf, als Brillenträger ist man trotz Kappe schlicht gehandicapt, und nach der üblichen kleinen Wartezeit entließ uns der Startschuss auf die kommenden 25 Runden. Laut Trainingsplan avisierte ich ein Zeit unter 42 Minuten an, nur gibt es viele Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen. Im Training versuche ich diese Tempoläufe so gleichmäßig wie möglich im eben vorgegebenen 4:10-Schnitt zu laufen, ein Trainingslauf unter Wettkampfbedingungen ist nochmal eine andere Nummer.

Und so begab es sich, dass ich nach circa 125 Metern die Spitze des Feldes eroberte und für ein angemessenes Angangstempo sorgte (1:36 auf 400). Ich benötige einfach „mein“ Tempo und kann nicht jemandem hinterherlaufen, wenn mir dessen Geschwindigkeit zu langsam erscheint. Natürlich auch eine wohl überlegte Entscheidung, wird doch der Führende nach der ersten Runde brav vom Stadionsprecher namentlich erwähnt, mein Name ging dem Kollegen sogar fehlerfrei von den Lippen, das kenne ich durchaus auch anders. So viel Eitelkeit sie mir gegönnt, bei meinen sonstigen Läufen bekomme ich meinen  Namen nicht wirklich zu hören. Ach, da macht die Teilnahme an einem Bahnwettkampf gleich doppelt so viel Spaß. Mein Anfangstempo konnte ich anschließend nicht ganz halten, wurde nach und nach von einigen StarterInnen überholt und fand mich auf Position sechs oder sieben wieder.

Ich überlegte noch, krampfhaft der Spitzengruppe auf den Fersen zu bleiben, doch wechselten sich Sarina Kothe und Hans Hendrik Wenzel an der Spitze vorbildlich ab und setzten sich immer weiter von den anderen ab. Das Tempo erschien mir in dem Moment zu schnell und so ließ ich die anderen erst mal laufen, hatte aber leider niemanden, der meine Geschwindigkeit aufnahm und musste etliche Runden allein absolvieren. Während vorne Sarina und Hans Hendrik das Feld sprengten und bis zu 150 Meter Vorsprung auf mich herausliefen, musste ich zwischen den Runden 8 und 14 mit 1:43 und 1:44-Durchgangszeiten auf 400 Meter vorliebnehmen. Anschließend begann ich jedoch einen nahezu perfekten 4000-Meter-Steigerungslauf.

Zwischen Kilometer sechs und acht erhöhte ich mein Tempo sachte und kontinuierlich auf eine Rundenzeit von 1:39, kassierte schon mal zwei, drei sich vor mir befindliche Starter und drehte in den letzten zwei Kilometern richtig auf. An der Spitze löste sich Sarina Kothe von Hans Hendrik und lief couragiert ihr Tempo weiter (der Vorteil eines Bahnrennens: man hat alles im Blick). Ihr Vorsprung war zu groß, ihr Tempo zu hoch, um noch irgendwie daran zu denken, sie einholen zu können. Aber der Rückstand auf die Zweit- und Drittplatzierten verringerte sich sukzessive. Ich lief wie ein Uhrwerk (Runde 21 in 1:36, Runde 22 in 1:34, Runde 23 in 1:32, Runde 24 in 1:31 und das alles nach Gefühl, meine Uhr diente nur als ungefährer Geschwindigkeitsmessung, um nicht völlig zu überpacen), war mir sicher, noch eine Chance auf Platz zwei zu haben und überholte, angefeuert von Patrick Beer und dem dritten HSC-Musketier für diesen Tag, Oliver Spier, der als schnellster von uns später in einem späteren Lauf startete und sein Rennen mit einer Zeit von 37:12 beendete, 350 Meter vor dem Ziel den bis dahin souveränen Dritten Markus Adam.

Die kleine Lücke zum Zweitplatzierten Hans Hendrik Wenzel schloss ich nach wenigen weiteren Metern, lief noch circa 50 Meter mit ihm mit, merkte aber dessen Erschöpfung, wollte mich jedoch nicht auf einen kurzen Endspurt einlassen und zog bereits 200 Meter vor Rennende an ihm vorbei und verteidigte abgeklärt den Vorsprung von zwei Sekunden ins Ziel. Leider bemerkte der Stadionsprecher mein Überholmanöver nicht, so dass der Zweitplatzierte 50 Meter vor dem Ziel immer noch Hans Hendrik Wenzel hieß, eine Durchsage, die ich verwundernd zu Kenntnis nahm. Die Berichtigung erfolgte aber prompt und so wurde ich auch per Lautsprecher ganz offiziell Zweiter meines Laufs bei der ersten Ausgabe der „Nacht der Zehner“. Übrigens, und für die Statistiker, die letzten 400 Meter   lief ich in 1:27, es war meine schnellste aller 25 Runden. So stelle ich mir das für den Berlin-Marathon vor. Ein vernünftiges, gleichmäßig hohes Tempo und am Ende noch ein gutes Finish. Also, „Die Nacht der Zehner“ kann ich nur empfehlen, für mich lief mit der Zeit von 41:30 alles nach (Marathon-)Plan.

Noch habe ich mir keine endgültigen Gedanken über meine Wettkämpfe 2018 gemacht, aber vielleicht starte ich wieder bei diesem Event. Dann aber bitte als Heimspiel auf der Jahnkampfbahn. Alle Daten und Infos zu der Veranstaltung könnt ihr hier einsehen. Mein Marathontraining, denn darum geht es sportlich in diesem Jahr für mich, schreitet voran. Gestern noch 11 KM in lockeren 5:21 zur Erholung (eigentlich stand ein Schnitt 5:30 auf dem Plan, aber mit einem Puls von 112 ist auch ein 5:21 Erholung genug), heute dann noch schöne 27 Kilometer, die ich exakt nach Plan im 5:10-Schnitt absolvierte. Auch die letzten Trainingswochen verliefen ohne größere Ausrutscher nach unten. Das Tempotraining 8×1000 Meter war hart, die geforderten 3:45 pro KM erreichte nicht so ganz und pendelte mich bei 3:48-3:52 ein. Damit bin ich aber ebenfalls zufrieden und blicke optimistisch und noch sehr entspannt (sollte ich auch, vier der nächsten sechs Wochen werden nämlich nochmal richtig intensiv) in Richtung Berlin-Marathon. Fortsetzung folgt…

Kommentare

  • <cite class="fn">Jens Sienknecht</cite>

    Ohlala, du arbeitest ja ganz hart nach Plan. Respekt, all das ohne Sponsoren und Hype wie Achim Achilles oder dem Chef vom Triathlon Magazin, der gerade in HH den Ironman gefinished hat. Mit großem Vorhertralala. Trotzdem auch Anerkennung dieser Leistungen. Hammer Park, witzig, renoviere gerade das alte Zimmer unseres Sohnes und finde alte Bilder von Siegerehrungen beim Weit- und Hochsprung. Ist die Anlage nicht jetzt ziemlich verwahrlost? Scheinst voll im Soll zu sein. Das gibt Kraft und Mut für die restliche Vorbereitung. Viel Glück für Berlin. Berlin 2009, unsere Kinder schenkten uns Karten anlässlich der Silberhochzeit für die LA-WM. Natürlich stehen wir auch beim Marathon an der Strecke. Freudvolle Stimmung. Genieße das! Ach ja, Planung für 2018. Wir sind seit über zehn Jahren immer beim Darßmarathon. Ich laufe nicht mehr, meine Frau den halben. Wir machen dann immer 4/5Tage für die Seele. Welch‘ wunderbare Landschaft, begrenzte Teilnehmerzahl wegen des Naturparks, keine Bestzeiten, sowas von egal, die Ostsee, der Bodden, das frische Frühlingsgrün der Wälder. Rad mitnehmen oder leihen. Nabelschäfchen streicheln das Innere. Liebe Jensengrüße

    http://www.darss-marathon.de

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