Hazel English live in Hamburg – Konzertreview

Viel Sehnsucht in der Hamburger Nochtwache

Es sind zwei Frauen, die das musikalische Sagen am 16.05.2017 in der Nochtwache im Hamburger Nochtspeicher übernehmen. Die aus Kalifornien angereiste Hazel English und Lisa Who als ihr Support. Die in Berlin lebende Songwriterin spielt mit ihrer vierköpfigen Herrenbegleitband (Keyboard, Gitarre, Bass, Schlagzeug) Songs aus ihrem im Februar veröffentlichten Label-Album-Debüt Sehnsucht. Lisa Who singt mit einer klaren, feinen Stimme, die Musik deckt die Spektren zwischen klassischen Singer-Songwriter-Arrangements und progressiven Rock ab. Die Stücke erinnern häufig an die Pink-Floyd-Ära der Früh-70er-Jahre.

Das fast zehnminütige letzte Lied des halbstündigen Auftritts, „Das Rauschen in mir“, ist ein schönes Beispiel. Mit Keyboardakkorden beginnend, setzt ein lyrische David Gilmour-Gedächtnisgitarre ein, bevor Lisa Whos leicht verhallter Gesang den Song endgültig in kosmische Sphären überführt. Doch damit nicht genug, folgt noch ein betörender, an den New Wave angelehnter Indie-Pop-Part sowie ein dramatisch-bombastisches Ende. Lisa Who hat gute Ideen, wunderbare Songs und setzt sich wohltuend vom 08/15-Format ab.

Vom Radio-Mainstream ist auch Hazel English sehr weit entfernt. Dabei möchte man doch als geneigter Musikhörer genau diesem melodiös feinsinnig gesponnen Indie-Dream-Pop den ganzen Tag auf allen Radiokanälen begegnen. Es ist die erste Deutschlandtour für die in Oakland, Kalifornien, lebende Australierin, die sie mit einer dreiköpfigen Herrenbegleitband bestreitet und auf der sie die Musik ihrer jüngst erschienenen Doppel-EP Just Give In / Never Going Home vorstellt. Eine in Kalifornien lebende Australierin, die Indie-Dream-Pop macht, da stellen sich zwangsläufig sehnsüchtige Gefühle nach Strand, Wellen und dem Horizont des Pazifischen Ozeans ein. Und exakt so ist es beim einstündigen Konzert von Hazel English.

Man schließt die Augen und imaginiert vom ersten Song an („It’s Not Real“) die Vorzüge des amerikanischen Westküstenlebens. Eine unbeschwert-melancholische Stimmung breitet sich aus, die von lieblichen Gitarrenlicks, hauchzarten Synthieflächen und Hazel Englishs verträumten Vocals evoziert wird. Man bettet sich sanft und kuschelig bei „Make It Better“, schwebt in „Fix“ über den Dingen, gleitet in sphärische Gefilde mit „Love Is Dead“, freut sich über die schnellere Gangart bei „Birthday“ und badet im Liebreiz von „More Like You“. Dass Hazel English ihrer australischen Heimat mit einer Coverversion von „Streets Of Your Town“ der Go-Betweens, der besten und feingeistigsten Popband von Down Under, Tribut zollt, erfreut zusätzlich und passt ausgezeichnet in das sehnsüchtige Ambiente dieses Konzertabends.

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