Alex Capus: Das Leben ist gut – Roman

Eine leise und kluge Hymne an die Liebe und Freundschaft jenseits der digitalen Welt

von Gérard Otremba

Der neue Roman von Alex Capus ist ein Hort der Ruhe. Wider dem Zeitgeist zeigt der 55-jährige, in Frankreich geborene und in der Schweiz lebende Schriftsteller, das richtige Leben. Und das findet dort statt, wo sich Menschen reell begegnen, zum Beispiel in einer Kneipe. Eine solche betreibt Max. Es ist die Sevilla-Bar in einem kleinen Schweizer Städtchen mit einem über der Theke hängenden Stierkopf als Markenzeichen. Seit kurzer Zeit ist Max Strohwitwer. Seine Frau Tina hat eine Gastprofessur an der Pariser Sorbonne angenommen, erstmals seit 25 Jahren verbringt er die Tage ohne sie, umgeben von den drei gemeinsamen Söhnen. Und den Besuchern seiner Sevilla-Bar. Eine ungewohnte Situation für den Mitte-50-Jährigen, die Sehnsucht nach seiner Frau ist groß, aber die Arbeit in der Bar füllt ihn aus.

Eigentlich ist Max Schriftsteller, aber ein Schriftsteller, der nicht mehr schreibt und sich den alltäglichen Dingen des Lebens widmet. Für einen Barbesitzer besteht dieses aus Bierzapfen, die Aschenbecher lehren und das Altglas wegbringen. Die Gäste beobachten, ihnen zuhören, mit ihnen plaudern. Geschichten sammeln und sie uns erzählen. Denn das tut der Ich-Erzähler Max. Er erzählt zum Beispiel die Geschichte seines Kumpels Miguel, der ihm den Stierkopf einst lieh und nun zurückfordert. Oder die seines ehemaligen Lehrers Toni Kuster und dessen amerikanischen, cowboyhuttragenden Buddys Tom Stark. Das  alles face to face, von Mensch zu Mensch, durch und durch analog, mit einem Smartphone kann man Max nicht beeindrucken. Er lässt uns teilhaben an seinem Leben, er beschreibt charmant seine Heimatstadt, lässt seine Ehe Revue passieren und manchmal verliert er sich in abstrusen Zukunftsphantasien. Und sinniert über die Frage nach dem glücklichen Leben.

Alex Capus zeigt sich in Das Leben ist gut als ausgezeichneter Beobachter „seines“ Refugiums, schließlich besitzt er selbst eine Lokalität in seinem Schweizer Wohnort. Max dient ihm also alter Ego, aber als ein unaufdringliches, kluges und humorvolles. Er leistet in diesem Roman Widerstand gegen eine die Zeit fressende, Amok laufende Welt und weiß genau, dass die virtuelle Welt kein Ersatz für das wahre Leben sein kann. Mit seinen zahlreichen Anekdoten und Gedankenspielen aus der Sevilla-Bar liefert Max auch gleich die Beweise für diese These. Das macht diesen nur scheinbar aus der Zeit gefallenen Helden ausgesprochen sympathisch. Das Leben ist gut von Alex Capus ist ein leiser, ein intelligenter, ein guter Roman. Eine Hymne an die Liebe und Freundschaft, jenseits des digitalen Wahns.

Alex Capus: „Das Leben ist gut“, Hanser Verlag, Hardcover, 240 Seiten, 978-3-446-25276-7, 20 €.

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