Gérard bloggt über den Alsterlauf 2016

Neue persönliche Bestzeit, trotz warmer Temperaturen

Text von Gérard Otremba, Fotos von Christoph Ahl

Seit zwei Wochen galt der Blick nur noch der Wettervorhersage für Hamburg. Die ständigen Änderungen der Prognosen stürzten mich dann zwar immer von himmelhochjauchzend (bei Temperaturankündigungen deutlich unter 20 Grad) bis zu Tode betrübt (bei Graden von über 20), aber das Wetter ist und bleibt nun mal einer der wichtigsten Faktoren an einem Wettkampftag. Ich liebe ja den Sommer, die Sonne, die Wärme und bei Trainingsläufen ist das alles kein Problem. Wenn ich allerdings am Entscheidungstag einen neuen Rekord laufen möchte (oder wenigstens in die Nähe eines solchen) und das Tempo dementsprechend hoch ist, dann saugen auch mir warme Temperaturen sehr schnell die letzten Energien aus dem Körper. Eigentlich dachte ich, im Sommer zu trainieren und im meteorologischen Herbst meinen Wettkampf bestreiten zu können, doch Pustekuchen! Die wochenlange Vorbereitung im Juli und August fand unter herbstlichen Bedingungen statt, und, ähnlich wie bei der MOPO-Staffel, dann das schöne Sommerwetter beim Alsterlauf. Na, großartig!

Alsterlauf06 2016

Nach lediglich schlappen fünf Stunden Schlaf (eine gewisse Nervosität gehört vor jedem Wettkampf dazu und äußert sich bei mir eben durch zu wenig Nachtruhe, außerdem erlaubte ich es mir, die ersten zwei Sätze des US-Open-Damentennisfinals zwischen Kerber und Pliskova am Vorabend im Fernsehen zu schauen, bevor es mir dann doch zu spät wurde), wachte ich noch vor dem Wecker auf und erfreute mich über Wolken am Himmel und noch angenehme Temperaturen. Den Weg von Barmbek zum Treffpunkt des Hamburger Sportclubs (HSC) in Startnähe an der Mönckebergstraße fuhr ich beschwingt mit dem Rad und war schon aufgewärmt und am Schwitzen, bevor das Aufwärmprogramm begann. So circa 20 Grad waren es im Schatten dann doch, fünf weniger wären mir lieber gewesen. Trotz meiner Startnummer für die Deutsche Meisterschaft, die mir einen vorderen Startplatz garantierte, war der Startblock dichtgedrängt und voller Menschen, so dass es dann doch 20 Sekunden dauerte, bis ich nach dem offiziellen Startschuss die Startlinie überquerte und meine Stoppuhr aktivieren durfte.

Von Beginn an zwar mehr oder weniger am Limit laufend, fühlte ich mich auf den ersten Kilometern sehr gut, konnte meinen anvisierten Schnitt von circa 4:00 Minuten pro Kilometer mit leichten Schwankungen halten. Hin und wieder erwischte ich kleine Läufergruppen, die exakt mein Tempo liefen, dann musste ich wieder ausscheren, überholen und Lücken zu vorderen Startern schließen. Bei Halbzeit bin ich in maßgeschneiderten 20:01 Minuten durch, das hätte zwar eng werden können im Ziel, ist doch der zweite Streckenabschnitt des 10-KM-Alsterlaufs der schwierigere, aber immerhin nicht zu schnell angegangen und das war schon mal viel wert. Leider verpasste ich meine private Wasserstelle an der Krugkoppelbrücke (es geht bei diesen Mitteldistanzen immer alles so schnell), doch 500 Meter weiter erwartete mich bereits mein HSC-Laufkollege Frank, der seinen sonntäglichen Trainingslauf an die Alster verlegte und mich 2,5 Kilometer lang begleitete. Wasser bekam ich von meinem Topmotivator auch gereicht, was bei den Temperaturen auch dringend nötig war (eine Wasserstelle sollten die Organisatoren des Alsterlaufs wirklich dringend für die Zukunft einrichten).

Aber viel wichtiger: Frank hielt das Tempo hoch, redete mir gut zu und ich konnte den inneren Schweinehund, der sich langsam bemerkbar machte, fast mühelos besiegen. Okay, vielleicht nicht ganz mühelos, denn die Kilometer 6-8 haben an den Kräften gezehrt, und manchmal hatte ich das Gefühl, das Tempo sei zu hoch, aber es passte. Sehr zweifelhaft, ob ich das Tempo allein so konstant halten hätte können. Eine kleine Schwächephase hatte ich kurz vor KM 8, da verließen wir aber auch schon das Alsterufer und es begann der unrhythmische Abschnitt die Fontenay hoch. Frank verabschiedete sich und ich war in der Zwischenzeit so euphorisiert, dass mir die Temperaturen völlig egal waren, ich nur noch mein Ziel, einen neuen Rekord unter 40 Minuten zu laufen, im Kopf hatte und mir diese Chance, eine ominöse Marke zu knacken, nicht entgehen lassen wollte. So ließ ich auch die letzten zwei Kilometer nicht locker, mobilisierte die letzten Kräfte auch am doofen Anstieg an der Kennedy-Brücke und der Steigung kurz vor dem Ziel am Ballindamm. Dort trugen mich die Zuschauer quasi ins Ziel, das ich mit einem persönlichen neuen Rekord von 39:46 (handgestoppt, offiziell dann auf 39:42  korrigiert und somit 33 Sekunden schneller als im Jahr 2013) erreichte.

Alsterlauf01 2016

Es war ein perfekter 10-Km-Lauf und die Endorphine laufen jetzt Amok durch meinen Körper. Einerseits hätte ich das aufgrund der mir etwas zu hohen Temperaturen nicht wirklich für möglich gehalten, andererseits beweist es mal wieder, dass ich mich auf den Punkt genau vorbereiten und konzentrieren kann, auch wenn es mir im Training nicht gelungen ist, die 5 KM mal unter 20 Minuten zu laufen (was psychologisch definitiv geholfen hätte). Insgesamt belegte ich damit den 431. Platz in der Herrenwertung und den 44. Platz in meiner Alterswertung (M45). In der Hamburger Meisterschaft reichte es zu einem 38. Platz, in meiner Altersklasse zu einem wunderbaren Platz 6. Gleichzeitig war der diesjährige Alsterlauf auch der Deutsche Meisterschaftslauf 10 KM Straße. Dummerweise werden dort aber nur die Bruttozeiten gewertet und alle Teilnehmer bis 50 Jahren hätten unter 40 Minuten ins Ziel kommen müssen, um in die Wertung zu fließen.

Alsterlauf04 2016

Habe ich zwar netto locker geschafft, aber die Bruttozeit betrug 40:04. Ich fühle mich durch diese völlig schwachsinnige Regelung reichlich verarscht bei meiner ersten Teilnahme an einer Deutschen Meisterschaft. Das Gedränge am Start war groß genug, da konnte ich schlecht abschätzen, wie viele Sekunden es von meinem Platz bis zu Startlinie dauern sollte. In meiner Altersklasse wäre mir der Platz 34 gewiss gewesen, in der Herrenwertung wäre ich unter „normalen“ Regelungen als 309 ins Ziel gelaufen. Aber egal, die 39:42 stehen in Stein gemeißelt, wahrscheinlich ein Rekord für die Ewigkeit. Mein Dank richtet sich an alle Laufkolleginnen- und Kollegen des Hamburger Sportclubs, insbesondere natürlich an Frank Rehmet für die Unterstützung während des Laufs und an Oliver Schwarz für den Trainingsplan. Und nächstes Jahr steht dann wieder ein Marathon auf dem Programm…

Alsterlauf02 2016

Alsterlauf05 2016

Alsterlauf07 2016

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