Richard Ashcroft: These People – Album Review

Nicht viel Neues im Hause Ashcroft: Auf seinem vierten Soloalbum wirkt der Songwriter trotz Experimentierfreude uninspiriert

Sechs Jahre sind vergangen, seit Richard Ashcroft für sein letztes Solowerk „United Nations Of Sounds“ viel negative Kritik einstecken musste. Nun ist der ehemalige Frontmann von The Verve, der spätestens seit der urbanen Hymne „Bittersweet Symphony“ als Ikone des Britpop gilt, mit neuen Songs im Gepäck zurück. Als kreativen Ort seines Schaffens tauschte Ashcroft für „These People“ das teure Studio gegen den eigenen Keller, wo er mit Elektrosounds und altem wie neuem Equipment experimentierte und über mehrere Jahre auf sein Smartphone und andere Zeitfresser der modernen Welt verzichtete.

In Interviews erzählte Ashcroft, er habe auf „These People“ brisante Themen wie den Krieg in Syrien, den Arabischen Frühling und staatliche Überwachung verarbeitet. Gleichzeitig habe er aber auch ein tanzbares und unpolitisches Album schaffen wollen – Widersprüche, die neugierig machen. Doch leider wird diese Neugier nicht befriedigt, denn der Plan geht nicht auf. Musikalisch hält Ashcroft zwar Wort: „These People“ ist in der Tat stärker am Dancefloor orientiert als jedes Ashcroft-Album zuvor. Schon der Opener „Out Of My Body“ irritiert nach 22 Sekunden mit einem Discobeat, der aber kaum zum Tanzen taugt, sondern allenfalls eine Horde feierwütiger Bierbike-Touristen zum Mitklatschen anzuregen vermag. Was den elektronischen Einschlag betrifft, sei noch „Ain’t The Future So Bright“ erwähnt, das sich weniger aufdringlich und relaxter entfaltet und durch die verfremdete Gesangsstimme auffällt.

In den Balladen „They Don’t Own Me“, „These People“ und „Black Lines“, die die wohlbekannten Streicher vielleicht auch dank der erneuten Zusammenarbeit mit Wil Malone nicht vermissen lassen, stimmt Ashcroft vertraute Töne an. Doch irgendwie scheint er nicht bei der Sache zu sein. Geradezu gelangweilt und halbherzig kommt der Gesang daher und man fragt sich, ob er die Worte auch meint, die er da singt. Auch die Arrangements überzeugen wenig und so dümpeln die Stücke träge dahin, ohne jemandem weh zu tun, aber auch ohne zu begeistern wie einst „The Drugs Don’t Work“ oder „A Song For The Lovers“.Textlich laufen Ashcrofts Ankündigungen, sich politisch zu äußern, mehrheitlich ins Leere. Stattdessen gibt es Belanglosigkeiten. „Hold On“ versprüht mit Lyrics wie „so hold on, hold on, hold on, you know there ain’t a lot of time but I know that we can make it“ den Charme eingängiger Boygroup Pop-Hits längst vergangener Zeiten und hinterlässt beim Hörer eine gewisse Ratlosigkeit.

Vereinzelt über die Tracklist verteilte Zeilen wie „The water canons on the way, apocalyptic mind“ oder „Don’t go looking for your Watergate“ eröffnen neben der in Überzahl vorkommenden Passepartout-Phrasen keinen Zugang zu Ashcrofts Gedanken über die globalen Konflikte und Missstände, die er textlich bearbeitet haben will. Insgesamt greift Ashcroft immer wieder zum Stilmittel der Wiederholung, was insbesondere dadurch schwierig ist, dass die entsprechenden Zeilen wie „I know we can survive“ oder „She went down straight through my veins“ verbraucht und inhaltsleer sind. Richard Ashcroft singt noch immer gerne vom Schmerz, vom Gefühl der Nichtzugehörigkeit, aber die Worte fehlen ihm. Vielleicht hat er sie bereits alle gesagt.

„These People“ von Richard Ashcroft ist am 20.05.2016 bei Righteous Phonographic Association / Cooking Vinyl / Indigo erschienen.

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