Vorschau auf die Fußball-Bundesliga-Saison 2015/16

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Eine heitere, nicht immer ernst zu nehmende Vorschau auf die Fußball-Bundesliga-Saison 2015/16, zwischen Wunsch und Realität, zwischen Dichtung und Wahrheit

von Gérard Otremba

1. Spieltag

Aufatmen beim Hamburger Sportverein. Das Eröffnungsspiel beim Rekordchampion FC Bayern München geht lediglich mit 0:4 verloren. Eine Steigerung um 50 % im Vergleich zur 0:8-Schlappe in der vorigen Saison an gleicher Stelle, der höchsten HSV-Bundesliga-Niederlage aller Zeiten. „In der ersten Halbzeit waren wir noch nicht ganz wach, aber in der zweiten spielten wir fast auf Augenhöhe mir den Bayern“, fasst Trainer Bruno Labbadia das Spiel auf seine Art zusammen. Müßig zu erwähnen, dass es zur Halbzeit bereits 3:0 für den FCB stand, das Spiel abends um 20.30 Uhr angepfiffen worden ist und die Bayern in Halbzeit zwei den Schongang einlegten. Die Auftaktpleite reicht dem HSV locker, um sofort den souveränen und alleinigen 18. Tabellenplatz zu belegen.

Ein durchaus missglückter Beginn der neuen Saison, schied der Bundesliga-Dino eine Woche vorher in der ersten DFB-Pokalrunde, wenngleich etwas unglücklich, mit 0:1 nach Verlängerung beim Regionalligisten Carl-Zeiss Jena aus. Doppelt bitter für den HSV, dass der städtische Erzrivale FC St. Pauli die Gunst der Stunde nutzte und das live in der ARD übertragene Spiel gegen Borussia Mönchengladbach durch ein Tor vom kurz zuvor eingewechselten Ante Budimir in der 89. Minute nicht unverdient mit 1:0 gewann. Noch bitterer für den HSV, dass der dritte Hamburger Verein im DFB-Pokal, der Oberligist HSV (Ironie des Schicksals) Barmbek-Uhlenhorst eine weitere Überraschung mit dem 1:0-Sieg nach Verlängerung gegen den SC Freiburg gelang. Aber noch herrscht beim großen HSV Ruhe.

4. Spieltag

Nachdem es am dritten Spieltag mit 0:2 gegen Bayer Leverkusen die erste Niederlage setzte, reagierte der der FC Bayern sofort und verpflichtete kurz vor Transferschluss für schlappe 91 Millionen Euro, plus Spesen, Wunschspieler Kevin De Bruyne vom VfL Wolfsburg, um „dem Mittelfeldspiel unserer Mannschaft die nötige spielerische Raffinesse zu verleihen“, wird Sportvorstand Matthias Sammer in einer großen deutschen Boulevardzeitung zitiert. Robben, Müller, Costa, Thiago, Xabi Alonso, Götze, Ribery und Vidal reichen dafür natürlich nicht, da kauft man sicherheitshalber noch das Herzstück des vermeintlich ärgsten Konkurrenten um die Meisterschaft. Kennt man nicht anders vom FC „Ruhmreich“, hat zuletzt bei Götze und Lewandowski, nachdem sich die Borussia aus Dortmund erdreistete, zwei Meisterschaften in Folge zu gewinnen, und in früheren Jahren ebenfalls sehr gut funktioniert.

12. Spieltag

Die Null steht. Sowohl hinten, aber aus Sicht des Sensationsaufsteigers SV Darmstadt 98 leider auch vorne. In den bisherigen elf Partien spielten die Hessen dank ihrer Defensivqualitäten sieben Mal 0:0. Auch das Starensemble aus München war nicht bin der Lage, das Abwehrbollwerk mit Torhüter Mathenia im Rücken zu knacken. Gegen den HSV fällt dem einstigen Zweitliga-Torjäger der Lilien, Dominik Stroh-Engel, der Ball doch noch irgendwie auf den Kopf und der Aufsteiger feiert seinen ersten, viel umjubelten Sieg.

Mit den nunmehr zehn Punkten stehen die Darmstädter jedoch immer noch besser als der HSV da, denn die „Augenhöhe“ vom ersten Spieltag entpuppte sich logischerweise als Augenwischerei. Sieben Punkte nach zwölf Tagen lässt besonders bei Möchtegern-Klubbesitzer Klaus-Michael Kühne die Alarmglocken schrillen. „Lange schaue ich mir das Gekicke dieser Mannschaft nicht mehr an“, wird Hamburgs Vorzeigemilliardär in einer großen deutschen Boulevard-Zeitung zitiert.

17. Spieltag

Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Borussia aus Mönchengladbach, entscheidet Borussia Dortmund die Herbstmeisterschaft für sich. Unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel läuft es wieder rund bei den Gelb-Schwarzen aus dem Pott, ganz im Gegenteil zu den Bayern. Die Ansammlung aus Stars und Sternchen verkommt immer mehr zu einer zersplitterten Diven- und Söldnertruppe, die von Pep Guardiola kaum mehr zu bändigen ist. Die Sensibelchen Götze, De Bruyne und Ribery finden keinen Draht zum Trainer, ein enttäuschender Platz fünf nach Ablauf der Hinrunde ist die Quittung. Karl-Heinz Rummenigge denkt laut über die Verpflichtung des Dortmunder Trios Reus, Hummels und Aubameyang nach. Das Tabellenende zieren Darmstadt, Hertha, Hannover und der HSV.

In Hamburg kommt es zum großen Eklat, nachdem der Sommer-Neuzugang Emir Spahic (wegen zwei gelb-roter und einer glatten roten Karte sowieso öfter auf der Tribüne sitzend, als am Spiel seiner Mannschaft teilnehmend) gegenüber einem Fan handgreiflich und folgerichtig entlassen wird. Auch für den sympathischen Trainer Bruno Labbadia ist nach Ablauf der Vorrunde Schluss. Mit den Worten „Der HSV war mein Leben, aber in der Hamburger Presse wird auch immer alles so hochsterilisiert“, wie er in einer großen deutschen Boulevardzeitung zitiert wird, nimmt er Abschied von der Hansestadt. Erst später fällt ihm ein, ähnliche Worte schon als Spieler gesagt zu haben, aber daran kann sich sowieso keiner mehr erinnern.

22. Spieltag

Der SV Darmstadt 98 spielt zum 14 Mal 0:0-Unnetschieden.

28. Spieltag

In der Meisterschaft sehen die Bayern nur noch die Hacken ihrer enteilten Konkurrenz aus Dortmund und Mönchengladbach, sogar die direkte Qualifikation für die Champions League ist in Gefahr und nach dem vorzeitigen Scheitern im Viertelfinale ebendort droht dem bayerischen Vorzeigeklub von der Isar der Super-Gau. Nichts wird es mit dem nächsten Rekord, dem vierten Titelgewinn in Folge, so dass ein enttäuschter Pep Guardiola seinen Vertrag nicht nur nicht verlängert, sondern mit sofortiger Wirkung kündigt und während einer Pressekonferenz noch irgendwas von „Spielern, wie Flasche leer“ brabbelt und von dannen zieht.

Bis zum Saisonabschluss versucht Co-Trainer Hermann Gerland aus der Legionärstruppe wieder so etwas wie eine Einheit zu formen. Nur einen Tag später präsentieren die Bayern mit Jürgen Klopp den neuen Trainier für die kommenden drei Jahre. „Der FC Bayern München ist der geilste Verein der Welt. Und mit mir als geilsten Trainer der Welt sind wir auf Jahre hinaus unschlagbar“, wird er in einem Exklusiv-Interview für eine große deutsche Boulevardzeitung zitiert. Worte, die man an der Säbener Straße gerne hört.

34. Spieltag

Bis zum letzten Spieltag liefern sich die beiden Borussen-Teams sowie Bayer Leverkusen einen atemberaubenden Kampf um den Deutschen Meistertitel. Alle drei Teams begeistern durch erfrischenden Offensiv-Fußball und am Ende hat Borussia Mönchengladbach hauchdünn die Nase vorn und feiert bei Punktgleichheit mit drei Toren Vorsprung gegenüber den Dortmundern die erste Meisterschaft seit 1977. Ein überwältigender Erfolg für Trainer Lucien Favre, Manager Max Eberl und eine Mannschaft, die als intakte Einheit ohne teure Stars zu glänzen wusste und den fragwürdigen Weggang von Max Kruse zum VfL Wolfsburg bestens kompensieren konnte.

Hinter Dortmund qualifiziert sich Leverkusen direkt für die Gelddruckmaschinerie Champions League, während der FC Bayern soeben noch das Schlimmste verhindert kann und sich mühevoll mit einem Punkt Vorsprung auf Wolfsburg den vierten Tabellenplatz sichert. Den bitteren Abstieg in die zweite Liga muss neben der blau-weißen Hertha aus Berlin leider auch Darmstadt 98 antreten. Der hessischen Trutzburg gelingt zwar mit sage und schreibe achtzehn (18!!!) 0:0-Unentschieden ein neuer Eintrag in die Rekordbücher, aber die zusätzlichen zwei 1:0-Siege gegen den HSV sind in der Endabrechnung einfach zu wenig. 24 Punkte und eine Tordifferenz von 9:22 gehen als großes Kuriosum in der Geschichte ein.

Aber immerhin können sich die Mannen von Trainer Dirk Schuster über den Gewinn des DFB-Pokals freuen. Alle ihre Spiele endeten, na klar, mit 0:0, im jeweiligen Elfmeterschießen bewiesen die Darmstädter gute Nerven und setzten sich auch im Überraschungsfinale gegen den FC St. Pauli mit 17:16 durch. Zum dritten Mal in Folge belegt der Hamburger Sportverein den Relegationsplatz, diesmal führte der zurückgeholte Huub Stevens den HSV auf Platz 16. Und weil der Stadtrivale vom FC St. Pauli durchaus überraschend am letzten Spieltag der zweiten Liga den Krösus RB Leipzig noch vom dritten Platz verdrängen konnte, kommt es in der Hansestadt zum großen Showdown um Auf- und/oder Abstieg.

Verlängerung

Hamburg im Ausnahmezustand. Sämtliche Polizeieinheiten Hamburgs, Schleswig-Holsteins und Niedersachsens sind für das zweite Relegationsspiel am Millerntor nach Hamburg abkommandiert worden, nachdem es beim Hinspiel zu heftigen Ausschreitungen rivalisierender Chaoten-Gruppen beider Vereine gekommen war. Bedienstete in Hamburgs Krankenhäusern hatten alle Hände voll zu tun, die mittelmäßige, mit 0:0 endende Begegnung verlor an Bedeutung. Auch im Rückspiel überwiegt mehr Kampf und Krampf als das gepflegte Spiel. 0:0 nach 90 Minuten. In der 119 Minute wird der kurz zuvor eingewechselte Pauli-Stürmer Ante Budimir kurz vor dem Sechzehn-Meterraum gefoult. Paulis Freistoßspezialist Sebastian Maier läuft an und… Mehr hat mir das Orakel nicht verraten. Aber nach Spielende freuen sich die Spieler einer Mannschaft ausgelassen, während die anderen getröstet werden müssen.

Kommentare

  • <cite class="fn">gerhard</cite>

    Gladbach als Deutscher Meister, das wär was. Und die Kriminellen von der Schäbigen Straße nur Vierter, auch sehr genehm. Aber ich fürchte, sie werden mit der vorzeitigen Meisterschaft irgendwann im März 2016 die Liga (und uns) wieder genau so langweilen wie in der vorigen Saison.
    Den FCI sehe ich als klaren Absteiger, da sie sich kaum verstärkt haben und letzte Saison auch nur aufgrund der tollen Hinrunde mit Ach und Krach den Aufstieg über die Ziellinie brachten. Den „Lilien“ drücke ich die Daumen für den Klassenerhalt, der Fußball dort hat noch „Street Credibility“, so, wie es sein soll.
    Deinen – ich denke unfreiwilligen – Verschreiber aus der letzten Zeile, dass die andere Mannschaft „geröstet“ werden muss, finde ich kaffeemäßig-genial 😉
    Viele Grüße + Dank für den humorigen Saisonausblick,
    Gerhard

    • <cite class="fn">Gérard Otremba</cite>

      Tja, ähm, sorry, nun wird die Mannschaft dann doch getröstet und nicht geröstet. Aber ein sehr interessanter Verschreiber, in der Tat. Darmstadt halte ich auch die Daumen, definitv. So viele 0:0-Unentschieden bekommen sie dann wohl doch nicht hin. Und über eine Meisterschaft der Gladbacher würde ich mich wirklich freuen. Viele Grüße, Gérard

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