Tocotronic live im Hamburger Mojo Club – Konzertreview

Die Hamburger Indie-Rock-Band Tocotronic spielt ein berauschendes Konzert im Mojo Club

von Gérard Otremba (Beitragsfoto: Michael Petersohn)

Das Konzert im Hamburger Mojo Club vom 26.04.2015 dient zwar zur Einstimmung auf das neue Tocotronic-Album, doch befinden sich auf der Setlist von den 19 an diesem Abend gespielten Songs lediglich sechs vom roten Album, wie der elfte Longplayer der Hamburger Vorzeige-Indie-Band in die Annalen eingehen wird. Man darf sich mehr als freuen auf die neue Tocotronic-Platte, denn der bedrohliche „Prolog“ sowie der fette Breitwand-Indie-Rock von „Ich öffne mich“ versprechen sehr viel Gutes. Es ist der erste von vier längst ausverkauften Club-Gigs (weitere folgen in Köln, München und Berlin) und natürlich sind Dirk von Lowtzow, Arne Zank, Jan Müller und Rick McPhail noch etwas nervös, „Ich öffne mich“ muss ein zweites Mal begonnen werden, doch anschließend entwickelt sich ein fabulöses Konzert in intimer Atmosphäre.

„Mailänder Scala im Parkhaus“ nennt Dirk von Lowtzow den unterirdischen Hamburger Club auf der Reeperbahn und hat die Lacher auf seiner Seite, was alles andere als despektierlich gemeint ist. Nach den zwei Eröffnungsstücken des am 01.05. erscheinenden Albums greifen die Tocos tief in die Geschichte mit „Du bist ganz schön bedient“, drücken mit „Ich will für dich nüchtern bleiben“, eines der heroischsten Tocotronic-Songs, aufs Gaspedal und spielen die erste Best-Of-Variante mit „Hi Freaks“ und „Aber hier leben, nein danke“ unterbrochen lediglich von der neuen Single „Die Erwachsenen“, mit der Tocotronic die Grenzenlosigkeit der melodiebeseelten Popmusik aufzeigen. Definitiv ein zukünftiger Bandklassiker. Mit „Samstag ist Selbstmord“ sowie „Die Grenzen des guten Geschmacks 2“ geht es zurück in die 90er und die zwei neuen herrlichen Gitarren-Pop-Stücke „Rebel Boy“ und „Zucker“ werden vom Publikum verdientermaßen euphorisch aufgenommen.

Spätestens mit „Macht es nicht selbst“ erreicht der Rauschzustand höchste Dimensionen und bei „This Boy Is Tocotronic“ gibt es endgültig kein Halten mehr. Das neue, schwere, geradezu gefährliche „Jungfernfahrt“ geht nahtlos in den Uraltklassiker „Freiburg“ über und schon ist das Konzert auch wieder beendet. Allein, es ist nur eine kurze Unterbrechung und kann es besseren Indie-Rock geben als „Mein Ruin“, das den Zugabenblock eröffnet? Zu toppen nur noch vom hymnischen „Let There Be Rock“. Weltuntergangsstimmung verbreitet das Quartett mit „Explosion“ und nach einer weiteren kleinen Pause beenden sie den Auftritt endgültig mit „Kapitulation“, einer der schönsten Tocotronic-Songs aus der nunmehr über 20-jährigen Bandgeschichte. Tocotronic sind wieder da und das Konzert im Mojo-Club untermauert ihre unangefochtene Spitzenposition im deutschen Indie-Rock-Pop. Über das neue Meisterwerk demnächst mehr, hier auf dieser Seite…

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