The Wave Pictures: City Forgiveness

Großartiger Indie-Rock zwischen Jonathan Richman, The Velvet Underground und The Go-Betweens

von Gérard Otremba

Ein Album-Titel fast wie von Tindersticks. Mit den edlen und meist so schwermütigen Platten der englischen Chef-Melancholiker hat City Forgiveness jedoch nicht sehr viel zu tun. Zwar ebenfalls aus England stammend, orientieren sich The Wave Pictures deutlich mehr am unfertigen Indie-Rock, der häufig an Jonathan Richman und dessen Modern Lovers erinnert. Auf einer ausgiebigen USA-Tour sammelte Sänger, Texter und Gitarrist Dave Tattersall sehr viele Eindrücke, die ihn zu gleich zwanzig neuen Liedern für die neue Doppel-LP City Forgiveness  inspirierten. Das Album lebt vom Charme des Ungeschliffenen und Unbehauenen, eine putzmuntere Mischung aus eben Jonathan Richman, David Byrne, The Velvet Underground und den frühen The Go-Betweens. „Better To Have Loved“ ist so ein Song, der mit seinem schaukelnden Gitarren-Pop-Rock an die Frühwerke der Go-Betweens erinnert. Mit seiner unbekümmerten Unmittelbarkeit einer Probekeller-Session-Aufnahme und der härteren Gitarrengangart evoziert „Chestnut“ Neil Young-Aufnahmen der Mitt-Siebziger. Die schrägen, rohen, kratzbürstigen, an Velvet Underground mahnenden Gitarrenparts findet man u.a. in „The Woods“, in „Tropic“ und in „Narrow Lane“.

Und dann der fast durchgehende Jonathan Richman-Gedächtnisgesang von Dave Tattersall, immer leicht blasiert und intellektuell klingend, auch einem David Byrne nicht unähnlich. Dessen Talking Heads in ihrer Spätphase schimmern beim mit Karibik-Rhythmen angereicherten „Whisky Bay“ und dem mit legeren Gitarrenlicks unterlegten „Before This Day“ durch. Ja, es ist viel los auf City Forgiveness. Es gibt den lässigen sowie mit Gitarrengegniedel-Soli aufwartenden Blues-Rock („All My Friends“, „Lisbon“, „The Ropes“), Songs mit reichlich durchgeknallten Free-Jazz-Anleihen („Shell“, „Narrow Lane“) und wunderschöne, romantische, traurige, in Melancholie verfallende Stücke wie „The Yellow Roses“, „Red Cloud Road“ und „New Skin“. Der knapp siebenminütige Abschlusstrack „Like Smoke“ ist beseelt von einer berührenden und fast schon entrückten Schönheit, man höre sich nur die verspielt-verträumte Gitarre an, einfach herrlich, ein Genuss. Genau wie das ganze Album. Kaum jemand füllt den Begriff des Indie-Rock so gekonnt aus wie The Wave Pictures mit City Forgiveness.

„City Forgiveness“ von The Wave Pictures ist am 18.10.2013 bei Moshi Moshi / Pias Cooperative erschienen.

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