Tindersticks live im Hamburger Kampnagel

Schwermütiger Pop der englischen Chefmelancholiker Tindersticks

von Gérard Otremba

Zum Abschluss des Sommerfestes am Kampnagel darf die englische Band Tindersticks den Gästen den Abend verschönern. Nach dem Auftritt im klassischen Ambiente des Thalia Theaters vom März 2013, nun eine weiteres Sitzplatzkonzert in Hamburg. Sitzplätze und die Musik von Tindersticks, das passt sehr gut. Streicherensembles, oder zumindest einen Geigeneinsatz gibt es bei Tinderstickskonzerten länger nicht mehr. Geblieben ist jedoch die Schwermut, die Melancholie, der Zauber. Die Erfahrung beim Hören der Tindersticks-Songs ist häufig eine meditative, manchmal auch transzendentale. Vor genau 20 Jahre erschien das erste, selbstbetitelte Album der aus Nottingham stammenden Formation. Ein Best-Of-Querschnitt aus den zwei Dekaden gibt es in diesem Sinne beim Kampnagelkonzert nicht zu hören. Im Mittelpunkt des 16 Songs umfassenden Sets steht das neunte und letzte Studioalbum The Something Rain von 2012. Sänger Stuart Staples, Pianist David Boulter, Gitarrist Neil Fraser, Bassist Dan McKinna sowie Schlagzeuger Earl Harvin beginnen den Songreigen mit „If You’re Looking For A Way Out“ und noch immer nuschelt keiner so schön wie der 47-jährige Songwriter von Tindersticks.

Tindersticks
Foto: City Slang / Universal

Die Etüde in Moll geht weiter mit dem Neil Young-Cover „A Man Needs A Maid“, bevor Staples den „Sleepy Song“ nur noch in die Dunkelheit wispert. Dass die Tindersticks-Schwermut manchmal der Zerrissenheit weicht, beweisen sie bei „Say Goodbye To The City“, wenn zum Schluss Trompete, Gitarre und Keyboard eine durchaus an den Nerven zerrende orgiastische Lärmkaskade bilden. Im weiteren Konzertverlauf rücken die Stücke von The Something Rain in den Vordergrund. Herausragend die akustische Version des ansonsten sehr souligen „This Fire Of Autumn“. Nur Staples, seine Gitarre, sein Gesang und ein kleines Glockenspiel. Ganz wunderprächtig auch das Saxophon orientierte „Slippin‘ Shoes“ sowie das grenzenlos elegische, verträumte und romantische „Come Inside“. Ähnlich leise, langsam und tranceartig die erste Zugabe „Factory Girls“, doch verhältnismäßig laut und vorwärtstreibend beenden Tindersticks den Auftritt nach 90 Minuten mit „Black Smoke“. Man vermisst zwar einige frühe Klassiker wie „Marbles“, „Tiny Tears“ oder „City Sickness“, an der Schön- und Erhabenheit des Tindersticks-Konzertes rüttelt das Gefühl in keiner Weise.

 

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