Bob Dylan live im Hamburger Stadtpark

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The one and only Mr. Bob Dylan

von Gérard Otremba

Bob Dylan wird immer geschmeidiger in seinen Knien. Man soll es ja nicht glauben, daß der Routinier am 24.5.2011 bereits seinen 70. Geburtstag feierte. Um 19.10 Uhr betritt Dylan die Bühne der seit Wochen ausverkauften Stadtparkarena, klemmt sich hinters Keyboard und beginnt das Konzert mit einem schwungvollen „Leopard-Skin-Pill-Box Hat“. Gerockt wird bei Dylan schon lange nicht mehr wirklich, aber ganz viel Roll bekommen die Zuhörer geboten. Seine wie immer formidable Begleitband mit Tony Garnier am Bass, George Recile am Schlagzeug, Charlie Sexton und Stu Kimball an den Gitarren sowie Donnie Herron an Steel Guitar und Mandoline hält sich zwar vornehm zurück, entwickelt aber den nötigen Flow, um sofort den nötigen Rhythmus zu finden. Und Dylan beugt immer wieder seine Knie.

Bob Dylan in der Pose des Anti-Stars

Völlig relaxt und laid back geht die Band „Don’t Think Twice, It’s All Right“ an. Dylans Stimme steht eindeutig im Vordergrund, für manche ein Fluch, für die, die gekommen sind, ein Segen. Selbstverständlich ist seine Stimme immer noch heiser und krächzend, Verse werden zusammengeführt, wo früher Pausen waren, einzelne Wörter überdeutlich artikuliert. Aber man versteht Dylan oftmals besser als bei früheren Auftritten. Zu „Things Have Changed“ verläßt Dylan das Keyboard, begibt sich zum Mikro in der Mitte der Bühne und wirft sich dort in die Pose des Anti-Stars, der er schon immer irgendwie war. Und dabei immer wieder federnd in den Knien. Es folgt ein ganz sanftes „I Don’t Believe You“ sowie der vorwärtstreibende Blues-Shuffle „Beyond Here Lies Nothin‘“.

Dylan zwischen Sehnsucht, Verzweiflung und Romantik

Nach dem Schunkel-Ständchen „To Ramona“, mit großer flehentlicher Sehnsucht in Dylans Stimme, holt er mit seiner Band bei „Cold Irons Bound“ zum großen Schlag aus. Eine mächtige Bassdrum, schneidende Gitarrenriffs von Charlie Sexton und Dylans Stimme teilweise mit Hall unterlegt, eine gespenstische Weltuntergangsstimmung breitet sich aus. Solch einem teuflischen Zeremonienmeister folgt man doch gerne in den Abgrund. Ein fulminanter Konzerthöhepunkt. Ganz leger lehnt sich Dylan anschließend bei „Tangled Up In Blue“ mit der linken Hand ans Mikro, gibt den Grandseigneur der Sangeskunst und geht vor lauter Verzweiflung ganz tief in die Knie. Ein Barmender ohne Chance auf Heilung. „Summer Days“ und „Trying To Get To Heaven“ bilden eine kleine Blaupause bis zu „Highway 61 Revisited“. Mit mächtig viel Drive und Vorwärtsdrang stürzt sich die Band in den Song und setzt zum Schlußspurt des Auftritts an. Den zarten Romantiker schlägt Bob Dylan nochmal bei „Visions Of Johanna“ an, bevor er mit seiner Band beim Blues-Boogie „Thunder On The Mountain“ wieder heftig Fahrt aufnimmt.

Ein fieses „Ballad Of A Thin Man“ und ein majestätisches „Forever Young“

Zum großen Finale verläßt „His Bobness“ wieder das Keyboard und haut dem Publikum eine sensationelle Version von „Ballad Of A Thin Man“ um die Ohren. Wiederum wird seine Stimme mit Hall unterlegt und so böse, fies und gemein hat man ihn noch selten „Do Yaa, Mista Jones!“ geradezu rausbellen gehört. Ein famoseres Ende dieses Konzertes hätte es nicht geben können. Zu „Ballad Of A Thin Man“ nimmt sich die erste Zugabe „Like A Rolling Stone“ vergleichsweise verhalten und melodiös aus. „All Along The Watchtower“ hingegen lebt von Charlie Sextons Gitarrenparts und Dylans Keyboard-Antworten. Ein gar vortrefflicher Schlagabtausch, der sich da entwickelt. Majestätisch klingt das Konzert dann mit „Forever Young“ aus. Und ja, Bob Dylan bedankt sich beim Publikum und stellt seine Band vor. Man kann nur hoffen, daß Bob Dylan diese beeindruckende musikalische Form noch einige Jahre hält.

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