Fleet Foxes: Helplessness Blues

Die hymnischen Fleet Foxes

von Gérard Otremba

Man konnte sich ja nicht satthören an der ersten Fleet Foxes-CD. „Fleet Foxes“ versüßte einem den harten Winter 2009/10, Songs wie „White Winter Hymnal“, „Ragged Wood“ oder „Your Protector“ erwärmten Herz und Seele. Die Fleet Foxes schienen direkt aus der Waldhütte durch den Schnee zu uns getappt zu sein und ließen die Hörer völlig verträumt und melancholisch zurück.

Die Fleet Foxes, ihre typischen Harmoniegesänge und fragilen Gitarrenklänge

Und nun sind die wieder da. Das zweite Album „Helplessness Blues“ nimmt den roten Faden des Erstlingswerkes auf und der Zauber funktioniert noch immer. Zwar ist der Winter vorbei, mit diesem Songmaterial lässt es sich aber auch sehr gut in den Sommer gleiten. Es ist die vollkommene Reinheit eines prä-industriellen Folk, Bardenmusik wie sie glanzvoller nicht sein könnte. „Neue“ Instrumente wie die 12-saitige-Gitarre, Fiddeln, Klarinetten oder eine Zither veredeln den Fleet Foxes-Sound und passen sich diesem perfekt an. Schon im Eröffnungssong „Montezuma“ schwelgen Sänger und Songwriter Robin Pecknold und seine Mitstreiter Skye Skjelset, Josh Tillman, Casey Wescott und Christian Wargo im großen Chorgesang, begleitet von fragilen Gitarrenklängen. Natürlich, Crosby, Stills, Nash & Young gaben vor sehr langer Zeit die Richtung vor. Auch Simon & Garfunkel standen sicherlich Pate, man höre sich nur den Mittelteil von „The Plainsbitter Dancer“ an. Aber mindestens genauso viel britischer Folk von Fairport Convention ist in Songs wie „Bedouin Dress“ oder „Sim Sala Bim“ zu entdecken.

„Helplessness Blues“ erstrahlt mit majestätischen Hymnen und melancholischer Wärme

Erhaben und majestätisch, geradezu pompös dynamisch und mit Trommeln ausgestattet, erhebt sich „Battery Kinzie“. Die Stimme von Robin Pecknold führt den Hörer geradewegs in das Licht der Erkenntnis, so rein und hell erstrahlt diese. Mit dem Titelsong „Helplessness Blues“ setzen sich die Fleet Foxes selbst ein Denkmal. Knapp drei Minuten lang wird Pecknolds Gesang von akustischen Gitarren in grenzenlose Höhen angetrieben, bevor sich eine elegische Psychedelia-Stimmung breit macht. Definitiv mehr Joint als LSD. Zum Wegschweben. Bodenständiger, aber nicht weniger verträumt erklingt „Lorelai“. Ähnlich wie bei „Battery Kinzie“ steht neben den wunderprächtigen Gesängen das Trommelspiel von Josh Tillman im Fokus. Lediglich von den akustischen Gitarren flankiert, singt Robin Pecknold herzzerreißend und voller melancholischer Wärme „Someone You‘d Admire“.

Die Fleet Foxes zwischen zartem Folk und orchestralen Triumphmarsch

Zu einem weiteren absoluten Höhepunkt des Albums entwickelt sich „The Shrinean Argument“. Gewohnt dezent beginnend, einschmeichelnde, über den Dingen schwebende Gesänge sowie akustische Gitarren bestimmen die ersten zwei Minuten, danach sprengen die Fleet Foxes alle Fesseln, es entwickelt sich ein orchestraler Triumphmarsch mit Pauken und enthusiastischen Beckeneinsätzen. Nach weiteren zwei Minuten ein abruptes Break, die Gesänge übernehmen wieder die Führungsrolle, bevor diverse schräge Töne nur scheinbar die Harmonieseligkeit stören. Mit acht Minuten der mit Abstand längste Song von „Helplessness Blues“ und jede Sekunde lohnt sich. „Blue Spotted Tail“ ist dann reinster Paul Simon-Folk, leise, zart und zerbrechlich. Mit „Grown Ocean“ beschließen die Fleet Foxes ihr zweites Album. Hier treffen nochmal die Harmoniegesänge auf Pauken, Becken und Slide-Gitarre, es kommt zusammen, was zusammen gehört. Ein würdiger Abschluss eines großartigen Indie-Folk-Albums.

„Helplessness Blues“ von den Fleet Foxes ist am 29.4.2011 bei Bella Union/ Cooperative Music/ Universal erschienen.

 

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