The Strokes: Angles

Entäuschendes drittes Album von The Strokes

von Gérard Otremba

Heiß erwartet hat man das vierte Album der Strokes, schließlich sind fünf lange Jahre seit ihrer letzten Veröffentlichung „First Impression Of Earth“ vergangen. Man stellte sich die Frage, ob die fünf Amerikaner wieder in die Spur des fulminanten Erstlings „Is This It“ finden würden. Die Antwort der Strokes enttäuscht jedoch.

The Strokes: Mit Garagenrock und „Is This It“ in den Rock ’n’ Roll-Himmel

Vor zehn Jahren, damals im Herbst 2001, waren The Strokes die geilste Band des Planeten. Das Debüt-Album „Is This It“ schlug ein wie ein Meteorit und belebte den Rock ’n’ Roll um intensive 35 Minuten. Julian Casablancas, Nick Valensi, Albert Hammond Jr., Nikolai Fraiture und Fab Moretti waren jung, lässig, cool und abgefuckt. Die Musik direkt, rotzig ohne Schnörkel und Bombast, aber jederzeit mit der „Ihr könnt mich mal“-Attitüde versehen. Gesang, zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug, mehr brauchte es nicht, um glücklich zu werden. Und glücklich waren alle. Denn der Garagenrock der Strokes, irgendwo zwischen Velvet Underground und Iggy Pop meets David Bowie changierend, hatte Schmiss und absolut geniale Gitarrenrocksongs zu bieten. Wer bei „Last Nite“, „Take It Or Leave It“, „New York City Cops“, „Hard To Explain“ und „The Modern Age“ still sitzen konnte, hatte den Rock ’n’ Roll nicht verstanden. Und auch der Titelsong „Is This It“ sowie „Someday“, mit Casablancas verschlafenen Vocals, hatten jede Menge Esprit anzubieten.

Album zwei und drei bleiben hinter den Erwartungen zurück

„Room On Fire“, das Zweitwerk von 2003, blieb fast schon erwartungsgemäß hinter „Is This It“ zurück. Es waren zwar noch die Strokes, aber die guten Songs fehlten, sieht man mal von „What Ever Happened?“, „You Talk Way Too Much“ und „I Can’t Win“ ab. Das dritte Album „First Impression Of Earth“ von 2006 warf letztendlich mit „You Only Live Once“, „Electricityscape“ und „Fear Of Sleep“ auch nur drei Strokes-genuine Songs ab. Fünf Jahre und ein Casablanca-Soloalbum später nun also die Rückkehr der Strokes mit „Angles“. Irgendwie freute man sich dann doch drauf und dachte, gib den Jungs noch eine Chance. Aber es ist wie verhext, die Last von „Is This It“ scheint für die Strokes zu groß zu sein.

Strokes-CD „Angels“: Starker Beginn mit „Machu Picchu“ und „Undercover Of The Darkness“

Ja, die Single „Undercover Of Darkness“ besitzt die Catchyness und Coolness der ersten Platte. Die verhuschte und vernuschelte Stimme Casablancas, die tänzelnden und beschwingten Gitarrenmelodien, hier bringen die fünf New Yorker den Rock ’n’ Roll wieder auf den Punkt. Auch der Eröffnungssong des Albums, „Machu Picchu“, erfüllt noch die für die Strokes typischen Kriterien von Vitalität und Coolsein. Doch mit diesen beiden Stücken haben die Strokes ihr Pulver auf dem vierten Longplayer im Prinzip schon verschossen. „Two Kinds Of Happiness“ beginnt wie liebevoller Gitarrenpop, mit dem nach einer Minute die Pferde durchgehen. Klingt wie ein durchgeknallter Song von den Cars. Völlig verschwurbelt und technoid stolpert „You’re So Right“ durch die Patte, Casablancas Stimme schwebt irgendwo im All umher und lässt den Hörer verstört zurück.

Viel Disco, wenig Rock ’n’ Roll, viel Mittelmaß

„Taken For A Fool“ hat zwar viel Disco-Appeal, versumpft aber im quälenden Synthiesound. Noch mehr von diesem unterkühlten synthetischen Brei aus den 80ern liefern die Strokes mit „Games“. Die Synthesizer kleistern hier alles zu, das machen andere Bands schon schlecht genug, das braucht es von den Strokes gleich zweimal nicht. „Call Me Back“ bildet dann wohl die sogenannte Quotenballade, die aber das Herz auch nicht trifft. In „Metabolism“ werden zwar wieder die Gitarren betont, aber irgendwie fehlt die Lockerheit, der Verve und die Ausdrucksstärke der Songs aus dem ersten Album. „Life Is Simple In The Moonlight“ ist dann wieder mehr Disco als Rock ’n’ Roll, nur „Gratisfaction“ bäumt sich nochmal auf und mutiert zur ausgelassenen Hymne. Die Strokes können eindeutig mehr. Das haben sie 2001 mit „Is This It“ eindrucksvoll bewiesen. Den Vergleich zu diesem Manifest des Rock ’n’ Roll hält „Angles“ nicht stand. Leider versinken die Strokes im musikalischen Mittelmaß.

„Angles“ von The Strokes ist am 18. März 2011 bei Sonymusic erschienen.

 

Kommentar schreiben